Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Im Gespräch mit einem Schwaben.
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Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Im Gespräch mit einem Schwaben.
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
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Bei Ihrer Frage geht es um die Verwendung der Hilfsverben sein und haben, die zur Bildung der zusammengesetzten Tempora Perfekt (auch: Präsensperfekt) und Plusquamperfekt (auch: Präteritumperfekt) benötigt werden. Die Perfektformen werden nämlich in Abhängigkeit von syntaktisch-semantischen Eigenschaften entweder mit sein oder haben im Präsens/Präteritum und dem Partizip II (=Partizip Perfekt Passiv) gebildet (vgl. Duden 4: 462 f.; Randnummer 656).
Beispiel
(1) Jonas ist/war hinausgegangen.
(2) Jonas hat/hatte das Haus verlassen.
Laut Dudengrammatik handle es sich bei der Perfektbildung mit haben um den Normalfall, während sein hauptsächlich bei „intransitiven Vorgangsverben ohne Genitivobjekt verwendet [wird], die eine Veränderung mit Bezug auf den Subjektaktanten bezeichnen“ (Duden 4: 464; Randnummer 659). Da diese Formulierung recht komplex ist, wird sie im Folgenden Stück für Stück erklärt.
Intransitive Verben sind zunächst solche, die kein Akkusativobjekt neben dem Subjekt als Mitspieler im Satz verlangen. Dies wird hier noch weiter eingegrenzt, da die Verben mit sein auch kein Genitivobjekt fordern. Folglich bleiben nur Verben mit Dativobjekt oder ohne irgendein Objekt.
Beispiel
(3) Es ist/war ihm gut gelungen. Dativobjekt
(4) Er ist/war eingezogen. kein Objekt
Weiterhin ist die Rede von Vorgangsverben, was heißt, dass es sich um Verben handelt, die auf eine dynamische und somit nicht-statische Aktionsart verweisen, welche nicht von einem Agens (=Person, die als Täter fungiert) kontrolliert wird. Außerdem soll eine Veränderung des Subjektaktanten ausgedrückt werden. Sie beziehen sich also auf einen Vorgang, der den Zustand, in dem sich das Subjekt befindet, ändert. In Beispiel 5 wird der Vorgang des Schlafens verändert und in Beispiel 6 geht es um den Vorgang des Wachsens.
Beispiel
(5) Sie ist/war aufgewacht.
(6) Sie ist/war gewachsen.
Nachdem das Hilfsverb sein kurz sozusagen als regelhafte Ausnahme bei der Bildung von Perfektformen vorgestellt wurde, werden nun in der Reihenfolge der Dudengrammatik Beispiele für die Perfektbildung mit haben und sein gegeben (vgl. Duden 4: 464 f.; Randnummer 659).
I. Perfektbildung mit haben
a) Transitive Verben und transitive Bewegungsverben
Beispiel
(7) Ich habe sie begleitet.
(8) Er hat sie gesehen.
b) Reflexive Verben
Beispiel
(9) Er hat sich beeilt.
(10) Wir haben uns verspätet.
c) Intransitive Verben mit Genitivobjekt
Beispiel
(11) Sie hat sich ihrer Taten erinnert.
Intransitive Verben mit Dativobjekt, die keine Orts- oder Zustandsveränderung des Subjektaktanten bezeichnen
Beispiel
(12) Er hat mir geholfen.
Intransitive Verben ohne Kasusobjekt, die keine Orts- oder Zustandsversänderung des Subjektaktanten bezeichnen
Beispiel
(13) Sie hat lange gelernt.
d) Die Verben: anfangen, beginnen, zunehmen, abnehmen, aufhören
Beispiel
(14) Er hat aufgehört zu stören.
e) Modalverben
Beispiel
(15) Das hätte niemand gekonnt.
II. Perfektbildung mit sein
a) Intransitive Verben, die eine Veränderung mit Bezug auf den Subjektaktanten ausdrücken (aufstehen, erkranken, aufblühen usw.)
Beispiel
(16) Sie ist aufgestanden.
(17) Sie ist erkrankt.
b) Einige intransitive Vorgangsverben mit Dativobjekt wie [I]geschehen, passieren, zufallen[/B], bei denen das Subjekt nicht als Agens auftritt
Beispiel
(18) Etwas Schlimmes ist geschehen.
(19) Die Tür ist zugefallen.
c) Die Verben sein und bleiben
Beispiel
(20) Sie ist müde gewesen.
(21) Er ist eine Woche geblieben.
d) Die Partikelverben durchgehen und eingehen
Beispiel
(22) Wir sind alle Möglichkeiten durchgegangen.
(23) Wir sind das Risiko eingegangen.
Bewegungsverben haben eine Sonderstellung, da viele von ihnen das Perfekt sowohl mit haben als auch mit sein bilden können. Kommt allerdings noch eine Richtungsangabe hinzu, ist nur die Variante mit sein möglich (vgl. Duden 9: 441-443)
Beispiel
(24) Sie ist/hat geschwommen.
(25) Sie ist ans Ufer geschwommen.
(26) *Sie hat ans Ufer geschwommen.
(27) Er ist/hat gefahren.
(28) Er ist nach Köln gefahren.
(29) *Er hat nach Köln gefahren.
Sprachvariation
Bei bestimmten Verben gibt es hinsichtlich der Bildung von Perfektformen mit haben oder sein regionale Unterschiede. Besonders betrifft dies einige Verben der Bewegung und Verben der Körperhaltung. Während im Norden die Variante mit haben benutzt wird, dominiert der Gebrauch von sein in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz (vgl. Duden 9: 443).
Beispiel
(1) Ich habe gesessen / gestanden / gelegen. Norddeutsch
(2) Ich bin gesessen / gestanden / gelegen. Süddeutsch