Blickt man zurück in die Sprachgeschichte, dann ist das Dativ-
e in
früheren Epochen des Deutschen weit verbreitet. Ein Wandel tritt insbesondere im 19. Jahrhundert ein, wo sich insbesondere Sprachpfleger darüber beklagten, dass das Dativ-
e zunehmend weniger realisiert wird. So schreibt beispielsweise Adelung:
„Das e ist in derselben [= "der ersten Declination"] ein characteristischer Biegungslaut, daher derselbe, in eigentlich Deutschen Wörtern, im Genitiv und Dativ der Einheit nie verbissen werden sollte [...]. [...] Wo das e im Genitive nicht verbissen werden darf, da kann es im Dative noch weniger wegfallen, weil er dessen characteristischer Biegungslaut ist. Folglich sind dem Baume, dem Arme, zu seinem Wohle, an diesem Abende u. s. f. richtger als ohne e.“ [Adelung 1782, Bd. 1, S. 399f.]
Peter von Polenz stellt diesbezüglich fest, dass „die Bewahrung des Dativ-
e […] seit Adelung als feste
Norm der Literatursprache [galt], obwohl
e-lose Varianten längst vorkamen“. Er weist darüber hinaus – ähnlich wie der Duden 9 und die Dudengrammatik – darauf hin, dass der Gebrauch heutzutage schwankt. Besonders verbreitet sei das Dativ-
e „bei idiomatisierten adverbialen Verbindungen“. Dazu nennt er als Beispiel auch:
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Verwendung des
Dativ-e im Gegenwartsdeutschen sehr selten geworden ist. Dass dem so ist, zeigt sich laut
Grammis u.a. darin, dass „es […] in den Textkorpora des IDS [= Instituts für Deutsche Sprache] nur etwa 200 Mal pro eine Million Wörter [erscheint]“. Verwendungen wie das folgende Beispiel aus Friedrich Schillers
Die Räuber würden demnach heute wahrscheinlich eher nicht verwendet werden:
Beispiel
Dem Manne kann geholfen werden! [Karl Moor in Friedrich Schillers „Die Räuber“ V, 2]
Hingegen gibt es durchaus sehr
frequente Wortkombinationen – zu denen auch die von Ihnen angeführten Beispiele gehören –, bei denen das Dativ-
e noch geläufig ist. Ein prototypisches Beispiel dafür ist die Verwendung der Präpositionalgruppe
zu Hause, bei der das Dativ-
e an dem Substantiv
Haus sehr häufig markiert ist, wie in:
Beispiel
Zu Hause fühle ich mich am wohlsten.
Ich bin nicht zu Hause.
Die Markierung des Dativ-
e bei geläufigen Ausdrücken hängt damit zusammen, dass, wenn gewisse Kombinationen immer wieder gelesen oder auch gehört werden, sie
sich verfestigen und damit
weniger anfällig für Sprachwandeltendenzen sind. Das bedeutet, dass das Dativ-
e vor allem dann steht, wenn es sich um Redewendungen oder feste Wortverbindungen handelt, die darüber hinaus sehr gebräuchlich sind.