Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
In Ihrer Frage geht es darum, mit welchem Pronomen der Nebensatz eingeleitet werden soll. Sie schlagen dafür zum einen das Pronomen
die und zum anderen das Pronomen
welche vor. Bei beiden Pronomen handelt es sich in Bezug auf Ihr Beispiel um
Relativpronomen, die einen Relativsatz einleiten. Relativsätze sind dabei Nebensätze, die ein Substantiv aus dem übergeordneten Teilsatz näher bestimmen und die mit einem Pronomen eingeleitet werden.
Sie fragen nun, ob es bestimmte Regularitäten gibt, wann das Pronomen
die bzw. das Pronomen
welche genutzt wird. Laut Dudengrammatik lässt sich diesbezüglich zunächst festhalten, dass
beide Pronomen dieselbe Funktion erfüllen und damit auch gleich gebraucht werden können.
Im Duden 9
Richtiges und gutes Deutsch findet sich der Verweis, dass vor allem
der, die, das als Relativpronomen im Deutschen gebräuchlich sind. Im Gegensatz dazu würde das Relativpronomen
welche in der gesprochenen Sprache kaum verwendet werden. In der geschrieben Sprache tritt es im Vergleich zur gesprochenen Sprache häufiger auf. Insbesondere wird darauf zurückgegriffen, um bei mehreren Relativsätzen deren Einleitung zu variieren. Es wird außerdem verwendet „um das Zusammentreffen des Relativpronomens
der,
die,
das mit dem Artikel zu vermeiden“. Ein Beispiel dafür bietet der folgende Satz:
Beispiel
Die, die die Freiheit liebten, beugten sich nicht.
Die, welche die Freiheit liebten, beugten sich nicht.
Nach Einschätzung der Dudengrammatik wirken Nebensätze, die
mit welche eingeleitet werden, jedoch eher „schwerfällig“, wenn nicht der zuvor skizzierte Sonderfall auftritt. Das bedeutet, dass die Wahl zwischen
welche und
die eine
stilistische Entscheidung ist. Aus grammatischer Perspektive sind beide Anschlüsse problemlos möglich.
Sie schildern in Ihrem Beitrag außerdem Ihr Gefühl, dass sich das Pronomen
welche nicht wie intendiert auf das Substantiv
Entschädigung bezieht, sondern vielmehr auf das Substantiv
Netzeigentümer. Dieser Bezug ist allerdings grammatisch betrachtet nicht möglich. Das
Relativpronomen muss hinsichtlich des Genus und des Numerus mit seinem Bezugswort übereinstimmen. Betrachten wir dazu die grammatischen Eigenschaften der denkbaren Bezugswörter im Hauptsatz:
Beispiel
Das
Netznutzungsentgelt [= Nominativ Singular Neutrum] ist die
Entschädigung [= Nominativ Singular Femininum] an den
Netzeigentümer [Akkusativ Singular Maskulinum], welche für die Benutzung des Netzes bezahlt wird.
Grammatisch kann sich
welche nur auf
Entschädigung beziehen. Klassifiziert man
welche nämlich, dann kann es folgende grammatische Eigenschaften aufweisen:
Nominativ Singular Femininum
Akkusativ Singular Femininum
Nominativ Plural Maskulinum, Femininum, Neutrum
Akkusativ Plural Maskulinum, Femininum, Neutrum
Da
welche nicht im Singular und Neutrum steht, kann es sich nicht auf
Nutzungsentgelt beziehen. Da es nicht Singular und Maskulinum ist, kann auch
Netzeigentümer nicht das Bezugswort sein. Das bedeutet, dass
grammatisch nur der Bezug auf Entschädigung möglich ist.
Möglicherweise entsteht Ihre Unsicherheit diesbezüglich dadurch, dass sich Relativpronomen häufig auf das Substantiv beziehen, was zuletzt vor dem Komma und damit vor dem Relativsatz steht:
Beispiel
Ich sehe das schöne
Mädchen,
welches / das die Straße entlangläuft.
Dies ist jedoch nicht notwendigerweise der Fall. Es gibt Fälle, wie Ihr Beispiel, in denen als Bezugswort nur ein bestimmtes Wort aufgrund der grammatischen Eigenschaften in Frage kommt, weswegen das Nähe-Prinzip nicht eingehalten werden muss. Gibt es jedoch potentiell mehrere Bezugswörter, dann würde man das Relativpronomen auf das am nächsten stehende Substantiv beziehen. Der Duden 9 führt dazu das folgende Beispiel an:
Beispiel
Er legte das Geschenk auf das Bett, das er aus der Stadt mitgebracht hatte.
Hier kann sich das Relativpronomen
das sowohl auf
Geschenk als auch auf
Bett beziehen, wodurch der Satz strukturell mehrdeutig ist. Aufgrund der Nähe würde man aus grammatischer Perspektive das Relativpronomen eher auf
Bett als auf
Geschenk beziehen, inhaltlich scheint jedoch eher
Geschenk als Bezugswort zu passen.
Eine solche Mehrdeutigkeit liegt in Ihrem Beispiel jedoch nicht vor. Es kann also festgehalten werden, dass
sich die Bezüge in Ihrem Beispielsatz nicht durch die Wahl eines anderen Relativpronomens ändern.
Vor diesem Hintergrund wären für Ihren Beispielsatz aus sprachsystematischer Sicht beide Varianten möglich. Folgt man der Einschätzung des Duden 9 würde jedoch eher das Relativpronomen
die von den Sprachbenutzern gewählt werden, da es hier zu keiner Doppelungen von Relativsätzen und /oder des entsprechenden Artikels kommt.