Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Der Dudengrammatik zufolge übernehmen Pronomen die grammatischen Merkmale Numerus und Genus von dem Substantiv, auf das sie sich beziehen. In Ihrem Satz Dem Team und seinem/ihrem Chef frohe ... bezieht sich das Possessivpronomen (besitzanzeigendes Fürwort) seinem/ihrem zurück auf das Team, das die grammatischen Merkmale Singular und Neutrum aufweist. Um sich mit dem Team abzustimmen, muss das Possessivpronomen demnach auch die Merkmale Singular und Neutrum annehmen. Der Satz müsste also Dem Team und seinem Chef frohe ... lauten, damit grammatische Kongruenz (Abstimmung aufgrund grammatischer Merkmale) herrscht.
Neben der grammatischen Kongruenz tritt zuweilen auch ein Phänomen auf, das als semantische Kongruenz oder „Konstruktion nach dem Sinn“ bezeichnet wird. Hierbei findet die Abstimmung zwischen Pronomen und Bezugssubstantiv aufgrund der Bedeutung des Substantivs statt. Konflikte zwischen grammatischer und semantischer Kongruenz entstehen dann, wenn sich die grammatischen Merkmale nicht mit der Bedeutung eines Substantivs decken. Das ist in Ihrem Satz der Fall, denn das Substantiv Team besitzt, wie bereits erwähnt, aus grammatischer Sicht das Merkmal „Singular“, von der Bedeutung her bezeichnet es jedoch eine Mehrzahl von Personen. Bei der Variante Dem Team und ihrem Chef frohe ... steht daher die semantische Kongruenz im Vordergrund, weil das Possessivpronomen ihrem hier im Plural vorliegt. Nach der Grammatik von Gerhard Helbig und Joachim Buscha wirkt sich die grammatische Kongruenz im Deutschen jedoch stärker aus als die semantische Kongruenz.
Sprachgebrauch
Statistisch betrachtet liegen Konstruktionen wie Dem Team und seinem Chef in aller Regel weit vor der Variante mit ihrem: In COSMAS II, der digitalen Zeitungstextsammlung des Instituts für Deutsche Sprache, liegen Konstruktionen mit sein/seinem mit 87,5 % vorn, bei Google sogar mit 96 %.
Ein interessanter Aspekt ist hier dennoch zu verzeichnen: Die Variante mit ihr/ihrem wird offenbar am ehesten verwendet, wenn das Team, von dem die Rede ist, ausschließlich aus Frauen besteht. So ist z. B. die Konstruktion „das Team und ihre Trainerin“ bei Google ca. 11-mal zu finden, „das Team und seine Trainerin“ dagegen nur 4-mal. Im folgenden Beispiel besteht das besagte Team aus sieben Tänzerinnen.
Beispiel
Vielleicht hat nur das Quäntchen Glück gefehlt, um den Einzug ins Finale zu erreichen, doch das Team und ihre Trainerin Martina waren mit ihrem Auftritt zufrieden.
Als Motivation könnte hier die Vermeidung des männlich klingenden Pronomens sein dahinterstehen, obwohl es sich bei Bezug auf Team ja um ein Neutrum handelt. Im Plural ist das Geschlecht am Pronomen nicht erkennbar, d. h. es heißt sowohl die Tänzer und ihr Trainer als auch die Tänzerinnen und ihr Trainer. Die Variante Dem Team und ihrem Chef frohe ... könnte demnach auch als Versuch einer geschlechtergerechten Formulierung betrachtet werden, der allerdings nicht nötig ist, da seinem als Neutrum mit dem grammatischen Geschlecht des Substantivs Team kongruiert und mit dem natürlichen Geschlecht der Mitglieder des Teams (und dem des Chefs) nichts zu tun hat.