Vielleicht beantworten Sie mir diese Frage: Warum wird Verzeihung mit und Prophezeiung ohne h geschrieben?
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Texte
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Duden online
Es ist zwar eine Rechtschreibfrage, aber vielleicht beantworten Sie sie trotzdem oder verweisen auf Quellen, wo ich die Gründe für die unterschiedliche Schreibung finde.
Verzeihung mit h und Prophezeiung ohne h
Vielen Dank und viele Grüße
Verzeihung vs. Prophezeiung (Schreibung mit/ ohne <h>)
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Sprachsystem
Durch Ihre Frage möchten Sie in Erfahrung bringen, wieso sich
Verzeihung und
Prophezeiung in ihrer Schreibweise (mit/ ohne <h>) unterscheiden. Schauen wir uns zunächst die Wortbildung an, denn beide Nomina teilen als Gemeinsamkeit die Endsilbe, das
Affix,
-ung:
Das
Wortbildungsmorphem bzw. der Wortbaustein
-ung wird gebraucht, um aus einem Verb ein Nomen abzuleiten. Diesen Prozess der Ableitung bezeichnet man auch als
Derivation:
Lexemstamm + Suffix = neues Wort
Unter einem
Lexem verstehen wir das Wort auf lexikalischer Ebene als den kleinsten selbständigen Bedeutungsträger. Schlagen Sie das Lexikon auf, würden Sie somit als Lexeme
verzeihen und
prophezeien finden. Der
Lexemstamm ist wiederum die unflektierte Form. Um den Stamm zu ermitteln, muss daher auch die Infinitivendung (Infinitiv = Grundform des Verbs)
–(e)n gestrichen werden.
Wir erhalten demnach:
verzeih- + -ung = Verzeihung
prophezei- + -ung = Prophezeiung
Sprachgeschichte
Um die heutige Schreibweise annähernd nachvollziehen zu können, wurde das
Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm herangezogen.
Prophezeiung:
"prophet, m., mhd. prophête (vgl. Stoppe ged. 1, 36. Göthe 26, 283), prophêt aus lat. propheta (goth. praufêtês und praufêtus aus griech. προφήτης) […]"
"prophetisieren, -zieren, verb., im 14. jahrh. prophêtizieren (erlös. 2768), aus mlat. prophetizare […]"
"prophezeien, verb., md. im 14. jh. prophezîen (Beheim evangel. 288a), eine prophezei thun, in die zukunft sehend vorhersagen […]"
Der erste Eintrag zeigt, dass
prophet aus dem Lateinischen (
propheta) entlehnt wurde, wobei
propheta auf das griechische Wort
προφήτης zurückgeht. Auch das Verb
prophetisieren, -zieren (später:
prophezeien) lässt sich von dem mittellateinischen Verb
prophetizare herleiten.
"prophetei, f., jetzt prophetie, was prophezei, prophezie; mhd. prophetîe aus mlat. prophetia: als Danielis prophetei sagt. Meisterlin 58, 1, nach der prophetei. 58, 5. […]"
"prophezei, f., wofür nun prophezeiung; mhd. prophezîe, -cîe, frühnhd. profecei […], im 16. und 17. jahrh. meist prophecei aus mlat. prophecia […]"
Prophezeiung entstand folglich aus dem Nomen
prophezei (mlat.
prophetia, prophecia), das erst später durch das Wortbildungsmorphem
-ung erweitert wurde. Die Schreibweise ohne <h> könnte eine Folge der Entlehnung aus dem Lateinischen sein.
Verzeihung:
„[…] die frühen belege knüpfen an zeihen im sinne von 'dicere, fateri, confiteri' an; die vorsilbe verleiht dem wort ursprünglich einen auf das hindern, abwehren gerichteten sinn wie in ahd. firbiotan prohibere, interdicere, firsprechan prohibere, firsagên negare, renunciare; nhd. versagen, verbitten […]“
Dementsprechend setzt sich
verzeihen aus der Vorsilbe
ver- und dem Verb
zeihen zusammen. Die Einträge zu
zeihen weisen darauf hin, dass sich die Schreibung mit <h> von Beginn an durchsetzt. Im Mittelneudeutschen fällt es für kurze Zeit weg, wird im Althochdeutschen jedoch wieder integriert.
„zeihen, verb. form: gemeingerm. wort (goth. gateihan, altn. tjá, ags. téon, afrs. tîa, as. aftîhan, mnd. tîen, ahd. zîhan, mhd. zîhen) […]“
Fazit: Das grimmsche Wörterbuch zeigt, dass es sich bei
Verzeihung und
Prophezeiung um zwei völlig unterschiedliche Nomina handelt, die jeweils eine andere Wortherkunft (
Prophezeiung: Entlehnung aus dem Lateinischen) aufweisen.
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