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Das Verb abstellen verlangt tatsächlich eine Ergänzung (auch: Mitspieler oder Komplement) im Akkusativ (1-2).
Beispiel
(1) Sie stellte das Auto in der Gartenstraße ab.
(2) Er stellte die Einkaufstaschen erstmal ab.
Allerdings leitet sich daraus noch keine konkrete Frage ab. Bitte spezifizieren Sie Ihre Frage, damit wir wissen, wie genau wir Ihnen bei Ihrem grammatischen Anliegen helfen können.
Im Kursbuch (Deutsch als Fremdsprache - Schritte International 3) stoße ich
auf folgende Sätze: - Er stellt sein Auto im Hof ab.
- Er stellt den Kinderwagen vor dem Aufzug ab.
- Er stellt seine Kiste vor dem Eingang ab.
Muss es nicht sein: - Er stellt sein Auto in den Hof ab.
- Er stellt den Kinderwagen vor den Aufzug ab.
- Er stellt seine Kiste vor den Eingang ab.
Mit freundlichen Grüßen,
Marcel
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Ihr Zweifel bezieht sich auf die Verwendung der Präpositionen in und vor. In Ihren Beispielsätzen werden jene Präpositionen mit dem Dativ verwandt (1 bis 3).
Beispiel
(1) Er stellt sein Auto im (= in dem) Hof ab.
(2) Er stellt den Kinderwagen vor dem Aufzug ab.
(3) Er stellt seine Kiste vor dem Eingang ab.
Da die Beispiele von der Satzstruktur her alle gleich gebaut sind und bei (2) und (3) die gleiche Präposition vorliegt, bestehen im Grunde nur zwei Zweifelsfälle. Es muss nämlich geklärt werden, welche Kasus die Präpositionen in und vor regieren (= fordern). Sie vermuten, dass die Nominalgruppen, die in die Präpositionalgruppe eingebettet sind, im Akkusativ stehen müssten (4 bis 6).
Beispiel
(4) Er stellt sein Auto in den Hof ab.
(5) Er stellt den Kinderwagen vor den Aufzug ab.
(6) Er stellt seine Kiste vor den Eingang ab.
Da die besagten Präpositionen zu den Wechselpräpositionen gehören, können sie je nach Verwendung entweder den Akkusativ oder den Dativ regieren. Bei lokaler Verwendung der Präpositionen gibt es einen funktionalen Unterschied: Der Dativ zeigt eine statische Lage an, während der Akkusativ eine Lage- oder Ortsveränderung bezeichnet (vgl. Duden 4: 608-609, Randnummer 912). Die folgenden Beiträge beschäftigen sich ebenfalls mit dieser Thematik und können daher beim Verständnis helfen:
http://www.grammatikfragen.de/sho/wt...lpr%E4position
http://www.grammatikfragen.de/showth...lpr%E4position
Die folgenden Beispiele illustrieren den Unterschied zwischen der statischen Verwendung mit Dativ (7 und 9) und der direktionalen mit Akkusativ (8 und 10).
Beispiel
(7) Plötzlich klingelte es und Bruce Darnell stand in der Tür. (Internetbeleg)
(8) Rotbart kletterte währenddessen in die Truhe. (Internetbeleg)
(9) Tobias wartete vor dem Hotel, in dem er übernachtet hatte. (Internetbeleg)
(10) Unten wandte Leonie sich nach rechts und rannte vor das Gemeindehaus. (Internetbeleg)
Bei den angegebenen Beispielsätzen (7 bis 10) lässt sich recht einfach entscheiden, ob eine Ortsveränderung vorliegt oder nicht. Allerdings ist diese Unterscheidung nicht in allen Fällen so eindeutig (11 bis 14). Besonders bei den sogenannten Partikelverben (= zweiteilige/trennbare Verben), zu denen auch abstellen gehört, sind oft beide Sichtweisen möglich (vgl. Duden 4: 609-610, Randnummer 913).
Beispiel
(11) Die Familie Spears schloss sich in ihrem Fahrzeug ein, die Täter schossen. (Internetbeleg)
(12) Sie schloss sich in ihr Zimmer ein, wollte nicht mehr zu Tisch kommen. (Internetbeleg)
(13) Lindsay Lohan fährt vor dem Gerichtsgebäude vor [...]. (Internetbeleg)
(14) Nun saßen wir in ihrer Limousine und fuhren vor den Haupteingang vor. (Internetbeleg)
Anhand der authentischen Belege kann man erkennen, dass beispielsweise bei den Partikelverben einschließen in Kombination mit der Präposition in und vorfahren mit vor sowohl die statische Lesart (12 und 14), die den Dativ nahelegt, als auch die direktionale (13 und 15), die mit dem Akkusativ steht, möglich ist.
Zwischenfazit: Aus sprachsystematischer Sicht, lässt sich der Zweifelsfall nicht klären, da sich beide Varianten funktional begründen lassen. Sie können entsprechend wählen, welche Lesart und welchen Kasus Sie im vorliegenden Kontext bevorzugen. Ob es bei Ihrem Beispiel eine Tendenz zur Rektion eines Kasus gibt, wird im folgenden Abschnitt zum Sprachgebrauch gezeigt.
Sprachgebrauch
Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie es sich mit der allgemeinen Akzeptanz der im Abschnitt Sprachsystem diskutierten Beispiele verhält, kann eine Korpusanalyse mit COSMAS II, einer digitalen Belegsammlung, sowie eine Recherche mit der Suchmaschine Google hilfreich sein.
Zunächst schauen wir uns das Beispiel Er stellt sein Auto im/in den Hof ab an. Da die von Ihnen angegebenen Beispielsätze zu spezifisch sind, um aussagekräftige Trefferzahlen zu erzielen, wurden die Suchbegriffe dem Suchmedium entsprechend verkürzt. In allen Suchanfragen wurde Hof bei COSMAS II durch einen Platzhalter ersetzt.
COSMAS II (1) in den [Hof] abgestellt 4 Treffer 2 Treffer (2) in dem [Hof] abgestellt 4 Treffer 49 Treffer (3) im [Hof] abgestellt ca. 12 100 Treffer ca. 1 326 Treffer
Obwohl die Treffer für Variante (1) zeigen, dass der Akkusativ in diesem Fall nicht völlig ausgeschlossen ist, wird im Vergleich mit den Treffern der Varianten (2) und (3) klar, dass die Rektion des Dativs hier eindeutig bevorzugt wird.
Auch bei der Suche nach Treffern für Er stellt seine Kiste vor dem/den Eingang ab wurde mit einer Verkürzung gearbeitet. In allen Suchanfragen wurde Eingang bei COSMAS II durch einen Platzhalter ersetzt.
COSMAS II (4) vor den [Eingang] abgestellt 7 Treffer 1 Treffer (5) vor dem [Eingang] abgestellt ca. 1 320 Treffer 486 Treffer
Variante (5) weißt deutlich darauf hin, dass der Dativ bevorzugt wird. Nichtsdestotrotz ist der Akkusativ nicht grundsätzlich unmöglich, obwohl sie doch sehr selten auftritt.
Fazit: Der Sprachgebrauch weist auf eine klare Bevorzugung der Dativvarianten bei beiden Präpositionen hin. Folglich legt dies nahe, dass die Akkusativvariante und damit die dynamische Lesart unüblich sind.