Ihre Frage bezieht sich auf die Verwendung des Präsens in einem Teilsatz, dessen übergeordneter Teilsatz im Präteritum steht:
Er wollte nicht, dass man ihn beobachtet. Die grundsätzliche Funktion der Tempora ist es, eine Äußerung zeitlich zu situieren. Mit dem Präteritum wird die Äußerung dabei im typischen Fall der Vergangenheit zugewiesen, wie auch bei
Er wollte nicht... In Satzgefügen mit mehreren Teilsätzen wird es nun durch entsprechenden Tempusgebrauch möglich, eine Äußerung nicht nur in Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft zu situieren, sondern auch eine zeitliche Abhängigkeit zwischen den Teilsätzen auszudrücken.
Beispiel
Er wollte nicht [Präteritum], dass man ihn beobachtete [Präteritum]. - Gleichzeitigkeit
Er wollte nicht [Präteritum], dass man ihn beobachtet hatte [Plusquamperfekt]. - Vorzeitigkeit
Laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle wird beim Verhältnis der Gleichzeitigkeit in der Regel das gleiche Tempus verwendet. Dies wäre also ein Grund, um in Ihrem Beispielsatz in beiden Teilsätzen das Präteritum zu verwenden:
Er wollte nicht, dass man ihn beobachtete.
Nach der Dudengrammatik ist es in zusammengesetzten Sätzen jedoch auch möglich, die indikativischen Tempora im abhängigen Teilsatz wie in der direkten Rede zu verwenden, sofern diese auf ein Verb des Sagen oder Denkens, so zum Beispiel
wollen, folgen. Es handelt sich dabei um eine Form der
abhängigen indirekten Rede (im weiteren Sinne), für die in der Dudengrammatik unter anderem folgendes Beispiel angegeben ist:
Beispiel
Und im Ford verkündete der Friseur meinem Großvater (…) [Präteritum], dass er ihn ab heut nicht mehr rasieren wird [Futur I].
Die abhängige indirekte Rede gibt also, wie Sie in Ihrer Frage bereits feststellen, an, was
er in der damaligen Gegenwart nicht wollte - und dies wird im Präsens wiedergegeben:
Er wollte nicht, dass man ihn beobachtet.
Als Begründung für die Variante
Er wollte nicht, dass man ihn beobachtet kommt die Tempusneutralität des Präsens hinzu: Präsens ist nicht zwangsläufig Tempus der Gegenwart, sondern ein
zeitlich unspezifisches Tempus. Dies ist insofern relevant, als der Gebrauch von Tempora im Satzgefüge den allgemeinen Bedingungen der Unterordnung des Nebensatzes unterliegt. Das bedeutet für Ihr Beispiel: Da im übergeordneten Hauptsatz mit dem Präteritum die Temporalität realisiert wird, kann sich das tempusneutrale Präsens im untergeordneten Nebensatz den jeweiligen Kontextbedingungen (in diesem Fall in semantischer Perspektive der Vergangenheit) anpassen. Es muss im untergeordneten Nebensatz also nicht zwangsläufig eine temporale Einordnung vorgenommen werden, wenn diese durch den Hauptsatz ausreichend realisiert ist.
Es können aus sprachsystematischer Perspektive also beide Varianten begründet werden, zum einen durch die Gleichzeitigkeit der in den beiden Teilsätzen ausgedrückten Sachverhalte, zum anderen durch die abhängige indirekte Rede bzw. die durch den Hauptsatz ausreichend realisierte temporale Einordnung.