Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
in einem Artikel gelesen
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
nur anhand von Google - lieferte allerdings kein brauchbares Ergebnis
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Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
nur anhand von Google - lieferte allerdings kein brauchbares Ergebnis
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Das Adjektiv naheliegend ist zusammengesetzt aus dem Adjektiv nahe und dem Partizip liegend. Möchte man naheliegend nun steigern (komparieren), stellt sich die Frage, an welchen Bestandteil des zusammengesetzten Adjektivs die Markierungen des Komparativs und des Superlativs angehängt werden: an den ersten Bestandteil (näherliegende, nächstliegende) oder an den zweiten (naheliegendere, naheliegendste)?
Fest steht, dass bei Zusammensetzungen aus Adjektiv + Adjektiv oder Adjektiv + Partizip nur einer der beiden Bestandteile gesteigert werden darf, d. h. die Form *nächstliegendste gilt standardsprachlich als nicht korrekt. Der Dudengrammatik zufolge ist die Steigerung des ersten Bestandteils der Normalfall, weshalb auch im Dudenband 9 („Richtiges und gutes Deutsch“) nächstliegend als bevorzugte Superlativform genannt wird. Die Form naheliegendste kommt laut Duden 9 aber auch vor, da bei manchen zusammengesetzten Adjektiven sowohl der erste als auch der zweite Bestandteil gesteigert werden kann (vgl. z. B. auch schwerstwiegende Gründe vs. schwerwiegendste Gründe, Dudengrammatik, S. 371). Grammatisch ist also weder gegen Die nächstliegende Möglichkeit noch gegen Die naheliegendste Möglichkeit etwas einzuwenden.
Sprachgebrauch
Tatsächlich rangiert die Form naheliegendste in COSMAS II, dem digitalen Zeitungstextarchiv des Instituts für Deutsche Sprache, nur ganz knapp hinter nächstliegende: in den als standardsprachlich geltenden Zeitungstexten findet sich nächstliegende 426-mal (= 51 %) und naheliegendste 404-mal (= 49 %). Dieser Untersuchung zufolge kann man hier von freier Variation sprechen, d. h. beide Varianten sind in der deutschen Standardsprache gleich gebräuchlich und somit gleich „richtig“.
Sucht man allerdings bei Google nach „nächstliegende Möglichkeit“ bzw. „naheliegenste Möglichkeit“, zeichnet sich sogar eine klare Präferenz von naheliegendste ab: „naheliegendste Möglichkeit“ liefert nämlich ca. 12.200 Treffer (= 82 %), „nächstliegende Möglichkeit“ aber nur 2750 Treffer (= 18 %).
Also, ich habe in der Schule gelernt, dass nach Möglichkeit der erste Teil eines solchen Wortes gesteigert wird: korrekt also "nächstliegend" und nicht "naheliegender" oder ähnlich
In der Schule fällt leider oft die Gebräuchlichkeit zweier Varianten eines Wortes unter den Tisch, sodass lediglich zu einer dieser Varianten eine Regel benannt wird. So ist es auch in diesem Fall. Wie oben bereits beschrieben, ist laut Dudengrammatik bei Verbindungen aus Adjektiv + Adjektiv oder Adjektiv + Partizip die Steigerung des ersten Bestandteils der Normalfall. Jedoch kann auch in vielen Fällen der erste oder der zweite Bestandteil gesteigert werden.
Weitere Beispiele sind:
schwerer wiegende / schwerwiegendere Gründe; weiter gehend / weitgehender; weiter tragend / weittragender; weiter reichend /weit reichender; weiter blickend / weitblickender; weitestgehend / weitgehendste Einschränkung; eine näher liegende, die nächstliegende / eine naheliegendere, die naheliegendste Vermutung. (Dudenband 9 „Richtiges und Gutes Deutsch“, S. 959)