Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
über eine Einladung zu einer Feier
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Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
über eine Einladung zu einer Feier
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
In Ihrer Frage thematisieren Sie die Adjektivflexion. Generell ist bei Adjektiven zwischen der starken und schwachen Adjektivflexion zu unterscheiden. Adjektive werden schwach flektiert, wenn ihnen ein Artikel voran geht, welcher den Kasus markiert. Liegt jedoch kein Artikel vor, so werden Adjektive stark flektiert:der schwarze KaffeeFür Ihr Beispiel ist relevant, welche Funktion „liebes“ einnimmt. Da es sich nicht um das Adjektiv „lieb“ als Gegensatz zu böse handelt, sondern das Adjektiv hier eine Anredefunktion besitzt, ist der Status des Adjektivs nicht eindeutig. Folglich muss geklärt werden, welche Varianten in Frage kommen und wie diese zu begründen sind. Sie haben in Ihrer Frage zwei Varianten vorgeschlagen:
schwarzer Kaffee1. Liebes ehemalige MitgliedDie erste Variante ist durch die Anredefunktion zu begründen. Durch die spezielle Verwendungsweise des Adjektivs „liebes“ erhält das Anredeadjektiv eine determinierende Funktion. Dies führt dazu, dass „liebes“ wie ein Artikel verwendet werden kann und infolgedessen das nachstehende Adjektiv schwach flektiert wird (siehe oben).
2. Liebes ehemaliges Mitglied
Die zweite Variante ist so zu erklären, dass Sie „liebes ehemaliges“ als eine Reihung von Adjektiven auffassen. Hier gilt laut der Dudengrammatik (Duden Band 4) das Prinzip der Parallelflexion. Demnach werden die gereihten Adjektive entweder alle schwach oder alle stark flektiert, je nachdem, ob ihnen ein Artikel voran geht:Das liebe und gute KindZur Flexion von „liebes“ als Adjektiv kann die nachfolgende Grammatikfrage herangezogen werden:
Liebes und gutes Kind
Das liebe ehemalige Mitglied
Liebes ehemaliges Mitglied
https://grammatikfragen.de/showthrea...gruppenflexion
Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden Band 9) verweist darauf, dass die Unter- und Nebenordnung von Adjektiven durch Flexion gekennzeichnet werden kann. Wann die Flexion jedoch wie einzusetzen ist, unterliegt laut Duden Band 9 keinen festen Regularitäten. Daher kann nicht eindeutig gesagt werden, welche Variante zu wählen ist. Je nachdem, wie Sie „liebes“ auffassen, können Sie ein Unterordnungs- oder Nebenordnungsverhältnis herstellen. Der folgende Abschnitt soll zeigen, ob im Sprachgebrauch eine der beiden Varianten bevorzugt wird.
Sprachgebrauch
Eine Sprachgebrauchsanalyse im deutschen Referenzkorpus (DeReKo) des Instituts für deutsche Sprache soll untersuchen, wie Adjektive nach „liebes“ im Sprachgebrauch flektiert werden. Die Suche „liebes + Adjektiv + Substantiv“ ergab insgesamt 65 Treffer. Davon entsprachen 56 Belege der gesuchten Vorgabe. Alle diese Belege zeigen, dass das nachfolgende Adjektiv ebenfalls stark flektiert wird:Mach’s gut du liebes, liebes Mädel, du heiß geliebte Kerwegredel. (DeReKo)Dieser Befund zeigt, dass laut dem deutschen Referenzkorpus die Parallelflexion die geläufige Variante ist.
„Mein liebes gutes Mütterlein“: So begann der Brief eines Mannes,… (DeReKo)
Liebes buntes Osterei, komm doch bald bei mir vorbei. (DeReKo)
Die Recherche mit der Internetplattform „Google“ ergab für „liebes ehemaliges“ 1.130 Treffer. Hingegen wurden für „liebes ehemalige Mitglied“ lediglich 75 Treffer angezeigt.
Durch die Doppeldeutigkeit des Adjektivs „liebes“ kommen sowohl die Parallelflexion als auch die Wechselflexion infrage. Die Sprachgebrauchsanalyse zeigt deutlich, dass die Parallelflexion deutlich überwiegt. Daher sind die mit der Variante „liebes ehemaliges Mitglied“ auf der sicheren Seite.
Hinweis zu Googledaten:
1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.
2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.