Auf die Frage, ob
um hier eingesetzt werden darf oder nicht, kann wohl letztlich keine ganz eindeutige Antwort gegeben werden, auch wenn es in den Nachschlagewerken von Duden („Richtiges und gutes Deutsch“) und Wahrig („Fehlerfreies und gutes Deutsch“) zunächst danach aussehen mag. Aber schauen wir uns doch erst einmal an, was die Infinitivgruppen mit und ohne
um leisten und wie sie grammatisch eingeordnet werden können.
In der Konstruktion
eine Möglichkeit, die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen (also
ohne um) ist die Infinitivgruppe
die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen ein
Attribut zu
Möglichkeit, d.h. die Infinitivgruppe beschreibt genauer, um was für eine Möglichkeit es sich handelt.
Beispiel
Eine gute Möglichkeit – Was für eine Möglichkeit? – Eine gute Möglichkeit. Daraus folgt:
gute ist ein Adjektivattribut zu
Möglichkeit
Eine Möglichkeit, die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen – Was für eine Möglichkeit? – Eine Möglichkeit, die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen. Daraus folgt:
die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen ist ein attributiver Infinitiv zu
Möglichkeit
Im Falle dieses attributiven Infinitivs sind sich die genannten Nachschlagewerke einig, dass
zu nicht durch
um zu ersetzt werden kann, d.h., wenn die Infinitivgruppe ein Attribut zu
Möglichkeit darstellt, wäre es falsch zu sagen
eine Möglichkeit, um die Sinnlichkeit einer Frau zu zeigen.
Allerdings ist es durchaus nicht immer so, dass eine Infinitivgruppe, die auf
Möglichkeit folgt, automatisch ein attributiver Infinitiv zu
Möglichkeit ist. Dies zeigt das folgende Beispiel.
Beispiel
(1) Inzwischen nutzen zwei Drittel der Kunden diese Möglichkeit, um einen für sie vorteilhafteren Abschluss zu erzielen, auch wenn sie dabei die Bank wechseln müssen. (Beispiel aus COSMAS II)
Hier ist die Konstruktion mit
um angebracht, da es sich eben nicht um einen attributiven Infinitiv handelt. Aber was ist es dann?
Peter Eisenberg zufolge handelt es sich bei
um um eine
Subjunktion „besonderer Art“. Für gewöhnlich leiten Subjunktionen (unterordnende Bindewörter) nämlich Nebensätze ein (z.B.
dass, wenn, weil, nachdem), während
um Infinitivgruppen einleitet. Diese mit
um eingeleiteten Infinitivgruppen geben dann meist die Folge der im übergeordneten Satz angegebenen Handlung an (Beispiel 2) oder deren Zweck (Beispiel 3).
Beispiel
(2) Er ist alt genug, um dies zu verstehen.
(3) Sie wählte eine neue Methode, um die Frage zu lösen. (Beispiele aus Duden 9)
Bei diesen
mit um zu eingeleiteten Infinitivgruppen handelt es sich aber nicht um Attribute, sondern um
adverbiale Bestimmungen. Sie lassen sich mit Hilfe von bestimmten Signalwörtern oder Ersatzproben recht gut von den attributiven Infinitiven unterscheiden. So deuten die Wörter
genug, zu (alt, jung, klein...) und
nicht so im übergeordneten Satz auf einen
konsekutiven Infinitiv hin (= ein Infinitiv, der die Folge angibt). Der Infinitiv kann dann durch einen mit
dass, so dass oder
als dass eingeleiteten Nebensatz ersetzt werden (vgl. Beispiel 2a). Kann der Infinitiv mit
um zu durch einen Nebensatz ausgetauscht werden, der mit
damit eingeleitet ist, dann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen
finalen Infinitiv (= ein Infinitiv, der den Zweck angibt, vgl. Beispiele 3a). Ein solcher finaler Infinitiv liegt übrigens auch im oben genannten Beispiel 1 vor.
Beispiel
(2a) Er ist alt
genug,
(so) dass er dies verstehen kann.
(3a) Sie wählte eine neue Methode,
damit sie die Frage lösen konnte.
Beim adverbialen Infinitiv kann das
um oftmals weggelassen werden, ohne dass die Konstruktion falsch wird.
Beispiel
(2b) Er ist alt genug, dies zu verstehen.
(3b) Sie wählte eine neue Methode, die Frage zu lösen.
Laut Duden 9 wird die Verwendung von
um zu in diesen Fällen jedoch im Allgemeinen vorgezogen.
In bestimmten Situationen fällt es anscheinend besonders schwer zu entscheiden, ob
um gesetzt werden soll oder nicht, z.B. wenn
Möglichkeit zusammen mit einer Form von
sein verwendet wird (
X ist eine Möglichkeit, (um) zu ... oder
X ist die beste Möglichkeit, (um) zu ...). Sprachbenutzer, die das
um hier setzen, erkennen in
eine/die beste Möglichkeit sein womöglich einen Auslöser für einen finalen Infinitiv, der das Einsetzen von
um rechtfertigen würde, oder sie verwechseln einfach die beiden sehr ähnlich aussehenden Konstruktionen (Infinitiv mit und ohne
um).
Beispiel
(4) Eine Klinische Studie
ist eine Möglichkeit, um zu prüfen, dass eine neue Behandlung sicher, wirksam und möglicherweise besser ist, als die bisherige Standardbehandlung.
(5) Yoga
ist eine Möglichkeit, um zu mehr Ruhe und Entspannung zu gelangen. (Internetbelege)