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Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Das Frageadverb wo kann bei einem zeitlichem oder räumlichen Bezug durchaus als relativischer Anschluss verwendet werden. Laut der Dudengrammatik kann wo ebenso wie da, als oder wenn als temporale Nebensatzeinleitung verstanden werden und ist standardsprachlich korrekt.
Beispiel
(1) Aber auch der Zeitpunkt, wo das Kind zum ersten Mal „Nein“ sagen wird, rückt immer näher. (Internetbeleg)
(2) Dies war der Zeitpunkt, da der Vorstand der Paul-Martini-Stiftung anregte, das Konzept der Stiftungsarbeit zu aktualisieren. (Internetbeleg)
(3) Just zum Zeitpunkt, als das neu errichtete SOS-Kinderdorf hätte besiedelt werden sollen, brach in Liberia Krieg aus.( Internetbeleg)
(4) Am besten stellt man Fragen zu dem Zeitpunkt, wenn sie aktuell auftreten. (Internetbeleg)
Diese Verwendung des Frageadverbs gilt aber nur in räumlichen und zeitlichen Bezügen, nicht aber in Bezug auf Substantive, die Personen, Sachen oder Begriffe bezeichnen. Hier ist das Relativpronomen der, die, das standardsprachlich korrekt:
Beispiel
(5) Nicht korrekt bzw. stark umgangssprachlich: Das Geld, wo auf der Bank liegt.
(6) Standardsprachlich korrekt: Das Geld, das auf der Bank liegt.
Sprachgeschichte
Bereits im Grimmwörterbuch lässt sich die temporale Verwendung finden:
„In temporaler Verwendung bei Beziehung auf eine durch ein Substantiv im übergeordneten Satz ausgedrückte Zeitangabe. Diese relative Verwendung im temporalen Sinne erscheint im Allgemeinen heute schriftsprachlich gebräuchlicher als im lokalen (s. unter 1 b γ). Wo steht hier in gleicher Funktion wie die Zeitpartikeln da, als, wenn.“
Beispiele aus dem 18. Jahrhundert belegen dies:
Beispiel
(7) „sie bricht schon an, die güldne zeit ..., wo keine macht der andern dräut" (Gottsched, 1751)
(8) „in den tagen Karls des Groszen ..., wo die alten bardenlieder noch vorhanden waren (Kretschmann, 1784)