Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
In Ihrer Frage geht es darum, wie die
Possession, d.h. wie ein Besitzverhältnis, im Deutschen ausgedrückt werden kann und ob es eine bestimmte Regeln hinsichtlich der Reihung von Possessionsausdrücken gibt. Betrachten wir dazu zunächst die von Ihnen vorgeschlagenen Variationen.
Eine Möglichkeit anzugeben, von wem die entsprechenden Schriften stammen, ist ein
nachgestelltes Genitivattribut, wie Sie es im folgenden Satz formuliert haben:
Beispiel
(1) In Deutschland gingen aus den Schriften
Immanuel Kants (= Genitivattribut) und
der Neukantianer (= Genitivattribut) zahlreiche methodologische Debatten hervor.
Eine andere Möglichkeit besteht darin mit einer
Präpositionalgruppe, die mit
von eingeleitet wird, anzugeben, um wessen Schriften es sich handelt. Formuliert man Ihren Beispielsatz jeweils mit einer Präpositionalgruppe, dann lautet er:
Beispiel
(2) In Deutschland gingen aus den Schriften
von Immanuel Kant und [den Schriften
von] den Neukantianern zahlreiche methodologische Debatten hervor.
Laut Dudengrammatik sind beide bisher skizzierten Varianten im Sprachgebrauch verbreitet und es bestehe weitestgehend freie Varianz. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1277) Wie verhält es sich aber nun mit der Möglichkeit, die grammatische Realisierung des Possessivums zu variieren?
Auch dazu bietet die Dudengrammatik eine Einschätzung. Es findet sich dort zunächst die folgende Regel: „
Bei Reihungen (Aufzählungen) sollte auf ein Attribut mit von kein Genitivattribut folgen; stattdessen ist paralleler Anschluss vorzuziehen.“ (Dudengrammatik, Randnummer 1277) Wendet man diese Regel auf Ihr Beispiel an, dann sollte folgende Konstruktion vermieden werden:
Beispiel
(3) In Deutschland gingen aus den Schriften von Immanuel Kant und der Neukantianer zahlreiche methodologische Debatten hervor.
Diese Regel der Dudengrammatik lässt sich dadurch erklären, dass der Eindruck entstehen könnte, dass der Kasus der Nominalgruppe
die Neukantianer von der Präposition
von regiert (festgelegt) wird. Dem würde die folgende Lesart zu Grunde liegen:
Beispiel
(3a) *In Deutschland gingen aus den Schriften von Immanuel Kant und [von] der Neukantianer zahlreiche methodologische Debatten hervor.
Nimmt man also an, dass auch beim zweiten Attribut die Präposition
von mitgedacht werden muss, dann liegt ein Kasusfehler vor, denn die Präposition
von verlangt den Dativ, die folgende Nominalgruppe steht aber im Genitiv. Dies ist aber so in dem Beispielsatz 3 nicht intendiert, sodass aus Gründen der Eindeutigkeit das zweite Glied der Koordination kein Genitivattribut sein sollte.
Stattdessen soll entweder auf die erste oder zweite hier skizzierte Variante zurückgegriffen werden. Darüber hinaus benennt die Dudengrammatik die folgende Regel: „
Bei der Abfolge Genitivphrase vor Präpositionalphrase gibt es keine derartige Einschränkung“. (Dudengrammatik, Randnummer 1277) D.h. die folgende Variante wäre nach Dudengrammatik ebenfalls unproblematisch:
Beispiel
(4) In Deutschland gingen aus den Schriften Immanuel Kants und von den Neukantianern zahlreiche methodologische Debatten hervor.
Neben der nachgestellten Variante des Genitivattributs, können Sie dies jedoch auch voran stellen, sodass es lautet:
Beispiel
(5) In Deutschland gingen aus Immanuel Kants Schriften und denen der Neukantianer zahlreiche methodologische Debatten hervor.