Da metasprachliche Fragestellungen keine den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfälle sind, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.
In Ihrer Frage geht es u.a. um den Gebrauch des Fachterminus Pronomen. Der Terminus Pronomen bezeichnet eine Wortart, die sich dadurch auszeichnet, dass sie die Flexionskategorien Kasus, Numerus und Genus aufweist, wobei das Genus – anders als bei Substantiven – nicht fest ist. Im Gegensatz zu Adjektiven sind sie außerdem nicht steigerbar. Pronomen können zwei Funktionen erfüllen:
1. Stellvertreterfunktion: Unter der Stellvertreterfunktion wird das verstanden, was Sie bereits in Ihrer Frage schreiben und der Name andeutet, nämlich dass ein Pronomen für etwas steht. Ein Pronomen kann in einem Satz ein Substantiv ersetzen, wie das folgende Beispiel zeigt:
Beispiel
Lisa mag
Peter.
Lisa mag
ihn.
2. Begleiterfunktion: Pronomen können jedoch ähnlich wie Artikel eine Nominalgruppe begleiten, was die folgenden Beispiele zeigen:
Beispiel
Mein Buch ist spannend.
Dieser Typ gefällt mir.
Es zeigt sich, dass der Terminus Pronomen nicht unproblematisch ist, denn er ist lediglich dann in seiner wörtlichen Bedeutung gerechtfertigt, wenn das entsprechende Wort wirklich eine Stellvertreter- und nicht eine Begleiterfunktion hat. Eine weitere Problematik veranschaulichen die folgenden Sätze:
Beispiel
1)
Peter sitzt am Schreibtisch.
Er schreibt eine E-Mail.
2)
Der alte Mann sitzt am Schreibtisch.
Er schreibt eine E-Mail.
3)
Am Wochenende waren wir wandern.
Es war sehr erholsam.
In Beispiel 1 liegt ein Pronomen im engeren Sinn vor. Das Wort er vertritt hier das Substantiv Peter. Schon in Beispiel 2 wird der Fall jedoch schwieriger: Hier wird durch das Pronomen er nicht nur ein Substantiv, sondern eine ganze Nominalgruppe vertreten, wodurch der Begriff Pronomen nur noch bedingt passend ist. Würde man es genau nehmen wollen, müsste es dann Pro-Nominalgruppe heißen. In Beispielsatz 3 schließlich wird durch das Pronomen es kein Substantiv und auch keine Nominalgruppe vertreten, sondern ein ganzer Satz. Man müsste also von einem Pro-Satz sprechen.
Sie werfen hier die berechtigte Frage auf, wie genau einzelne Termini sein müssen. Einerseits ist es natürlich sehr sinnvoll, wenn Termini möglichst exakt ihren Gegenstand treffen. Andererseits könnte dies zu einer extrem hohen Anzahl an Termini führen, wodurch dann Gemeinsamkeiten in der Klassifikation nicht mehr deutlich werden würden. Zudem sind manche Termini, so auch das Begriff Pronomen, sehr verbreitet und schon lange Teil der Linguistik, weswegen manchmal an einem eher unscharfen Terminus festgehalten wird.
Betrachten wir jedoch nun Ihr Beispiel mit dem vermeintlichen Pronomen:
Beispiel
Ich denke an den Urlaub. -> Ich denke daran.
Sie haben in Ihrer Frage das Wort daran als Pronomen klassifiziert aufgrund dessen, dass es hier scheinbar die Nominalgruppe den Urlaub vertritt. Dies stimmt jedoch nur zum Teil. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein sogenanntes Pronominaladverb. Pronominaladverbien sind Adverbien, die gebildet werden aus da(r)-, hier- oder wo(r)- + Präposition. Ähnlich wie Pronomen haben sie eine Stellvertreterfunktion, bei der sie allerdings nicht eine Nominalgruppe, sondern eine Präpositionalgruppe vertreten. In Ihrem Beispiel steht daran also nicht nur für den Urlaub, sondern für an den Urlaub.
Nun benennen Sie einen zweiten Beispielsatz, nämlich:
Beispiel
Er denkt
daran, dass er bald Urlaub hat.
Sie haben Recht, dass hier das Wort daran auf den nachfolgenden Nebensatz verweist. Anders als beim Pronomen vertritt dieses Wort jedoch nicht den nachfolgenden Satz, sondern es stellt einen Hinweis dafür dar, dass noch ein Nebensatz angeschlossen werden muss. Wörter, die eine solche verweisende Funktion auf einen nachfolgenden Satz haben, werden als Korrelate bezeichnet. Das Pronominaladverb daran übernimmt also in Ihrem Beispielsatz die Funktion eines Korrelats. Weitere Beispiele für solche Korrelate sind:
Beispiel
Es freut uns, dass sie gewonnen hat.
Sie ist froh
darüber, heute hier zu sein.
Wir fahren
dann los, wenn die Autobahn etwas leerer ist.
Ihr Beispielsatz mit der Verwendung eines Korrelats kann auch ohne den Nebensatz formuliert werden und würde dann lauten:
In diesem Fall würde das Pronominaladverb eine Stellvertreterfunktion einnehmen und damit einen Satz statt einer Präpositionalgruppe vertreten. Dass sich hier ein Terminus wie das von Ihnen vorgeschlagene Prosentiam nicht durchgesetzt hat, könnte möglicherweise daran liegen, dass sich beim Lesen eines Satzes wie diesem nicht entscheiden lässt, ob wirklich eine Präpositionalgruppe vertreten wird oder ein Satz, denn ihm könnte auch die folgende Variante zugrunde liegen:
Beispiel
Er denkt an seinen baldigen Urlaub.
Entsprechend lässt sich von einem Satz mit Pronominaladverb nicht genau sagen, ob eine Präpositionalgruppe oder ein Satz vertreten wird, der dieselbe Funktion wie die Präpositionalgruppe erfüllt. Zudem sollte der Fachterminus Pronomen nicht zu wörtlich verstanden werden, denn sogenannte Pronomen können nicht nur eine Stellvertreterfunktion einnehmen, sondern – wie gezeigt – auch eine Begleiterfunktion haben und darüber hinaus mehr als nur ein Substantiv vertreten.
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