Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
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Sprachsystem
Die Frage bezieht sich auf die Bildung des Adjektivs bei dem Ausdruck Neugattersleber/-lebener Schüler. Es handelt sich dabei um ein attributiv gebrauchtes Adjektiv, das sich auf das Substantiv Schüler bezieht. In der Regel werden Adjektive nach Kasus, Numerus und Genus flektiert, sodass sie mit dem Bezugswort kongruent sind. Bei dem Adjektiv Neugattersleber/-lebener handelt es sich jedoch um einen Sonderfall, der nicht flektiert wird. Genauer handelt es sich um eine Ableitung von dem geografischen Eigennamen Neugattersleben.
Die Ableitung aus geografischen Eigennamen enden häufig auf –er, wobei es unterschiedliche Varianten im Hinblick auf die Erhaltung der Endung –en von Ortsnamen gibt. So wird bei einigen Ortsnamen die Endung –en beibehalten, bei anderen Namen fällt diese weg.
Beispiel
Bremen - Bremer
Dresden - Dresdener
Ohne sprachgeschichtliches Hintergrundwissen lässt sich häufig nicht vorhersagen, ob der Ausgang –en der Ortsbezeichnung abfällt.
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Sprachgeschichte
Die Ableitungen gehen historisch auf die substantivischen Einwohnerbezeichnungen auf –er zurück. Der Ausgangspunkt dieser waren vorangestellte Genitivattribute.
Laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden 9) wurden früher vor dem Ableitungssuffix –er das –en deutscher Ortsnamen im Allgemeinen weggelassen, so auch bei Ortsnamen, die auf –leben enden. Man ging jedoch dazu über, die Ortsnamen in der Ableitung vollständig zu erhalten.
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Sprachvariation
Vor allem im dialektalen und örtlichen Sprachgebrauch sind Kurzformen wie Neugattersleber erhalten. Dies ist besonders bei mehrsilbigen Ortsnamen der Fall.
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Sprachgebrauch
Bezüglich der Tendenzen bei der Verwendung von Neugattersleber/Neugatterslebener kann eine Google-Anfrage aufschlussreich sein. Diese Befunde sind aus zweierlei Gründen kritisch zu beurteilen, da Google nicht zwischen Sprachgebrauchsdaten und metasprachlichen Diskussionen unterscheidet und zudem nicht die Treffgenauigkeit, sondern personalisierte und schnelle Suchergebnisse im Vordergrund stehen.
Trotzdem können die Belege als grobe Anhaltspunkte dienen. Die Suchanfrage liefert folgende Ergebnisse:Die Kurzform Neugattersleber scheint also deutlich häufiger verwendet zu werden als die Form Neugatterslebender.
Neugattersleber: 1550 Treffer
Neugatterslebener: 463 Treffer
Fazit: Bei der Bildung von Einwohnerbezeichnungen gibt zahlreiche Abweichungen in Bezug auf den Erhalt der Endung –en des Ortsnamens. Im Allgemeinen besteht heute die Tendenz, diese zu erhalten, was für die Form Neugatterslebener Schüler spricht. Die Analysen des Sprachgebrauchs konnten aber zeigen, dass die Form Neugattersleber häufiger verwendet wird, womit dies der Tendenz entspricht, die Kurzform bei mehrsilbigen Ortsnamen beizubehalten.
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