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Sprachsystem
Medikamentenplan ist ein Kompositum, das sich aus Medikament und Plan zusammensetzt. Dabei kann die Nahtstelle zwischen dem ersten und dem zweiten Teilglied mit einem sogenannten Fugenelement gestaltet werden.
Sprachgeschichte
Fugenelemente haben sich historisch größtenteils aus Flexionsendungen entwickelt, und zwar aus denen vorangestellter Genitivattribute (z.B. des Tages Licht wird zu Tageslicht), die mit dem Bezugswort im Laufe der Geschichte zusammengerückt sind: Im Frühneuhochdeutschen (ca. 1350-1650) hat sich die Syntax des Deutschen gewandelt. Dabei hat sich auch die Position des Genitivattributs von pränominal (des Tages Licht) zu postnominal (Licht des Tages) verändert. Während erweiterte und einfache Genitivattribute häufig dem Bezugsnomen nachgestellt wurden, wurden feste (lexikalisierte) Nominalphrasen als Komposita erfasst (Tageslicht).
Sprachsystem
Heute haben Fugenelemente keine Flexionsfunktion mehr. Grundsätzlich kann das Auftreten eines bestimmten Fugenelements auf morphologischen, semantischen oder phonologischen Gründen beruhen. Im Fall von Medikamentenplan könnte die Gestaltung des Fugenelements -en phonologisch motiviertet sein: Medikamentplan lässt sich nur schwer aussprechen, weil der letzte Buchstabe von Medikament und der erste Buchstabe von Plan beide als sogenannte plosive Laute ausgesprochen werden. Das bedeutet, dass durch einen Verschluss des Mundraums mit der Zunge oder den Lippen ein Luftdruck aufgebaut wird, der dann abrupt freigelassen wird. Zwei solche Plosive hintereinander erschweren die Aussprache. Ein Fugenelement könnte hier also die Aussprache erleichtern. Dass dabei -en statt -e vorgezogen wird, könnte ebenfalls phonologisch begründet werden: In Medikamenteplan würde ein Fugenelement -e als sogenannter Schwa-Laut (z.B. „e“ in Rabe oder das „a“ im englischen about) ausgesprochen werden. Dieser Laut erleichtert die Aussprache des Übergangs von „t“ zu „p“ kaum oder gar nicht. Mit einem eingeschobenen „n“ – also Medikamentenplan – wird die Aussprache erleichtert. Den hier beim Aussprechen von „n“ entstehenden Laut nennt man einen nasalen Laut. Dabei wird der Luftstrom durch den Mund mit der Zunge blockiert und zwar hier idealerweise an der Stelle im Mundraum, an der schon der Laut für das „t“ am Ende von Medikament gebildet wurde – am Zahndamm oberhalb der Schneidezähne. Der nasale Laut wird ohne ein abruptes Entweichen der Luft gebildet. Die Luft kann nur durch den Nasenraum austreten. Dieser nasale Laut (Aussprache von „n“) zwischen den zwei Plosiven (Aussprache von „t“ und „p“) könnte die Aussprache des Kompositums erleichtern.
Sprachgebrauch
Die Verwendung des Fugenelements -en ist nicht nur bei Medikamentenplan gebräuchlicher als die Verwendung von -e (Google: Medikamentenplan 16300 Treffer, Medikamenteplan 94 Treffer). Eine Analyse von Komposita in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und in „ZEIT online“ (DWDS-Korpus) zeigt vielmehr, dass bei Substantiven, die mit dem Suffix -ment gebildet werden (Dokument, Instrument, Argument), Komposita mit dem Fugenelement -en deutlich bevorzugt werden (z.B. Instrumentenbauer). Sehr selten wird die Variante mit dem Fugenelement -e gewählt, wobei hier oft eine Bindestrichschreibung beobachtet werden kann (z.B. Argumente-Bündel).
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