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als-Apposition und Dativ als "Normalkasus"
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Beim Selbststudium mit "Leitfaden der deutschen Grammatik" (Helbig/Buscha)
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
www.grammatikfragen.de
Seite 110 lese ich: "Die Personalpronomina der 1. und 2. Person sind das einzige adäquate Bezeichnungsmittel für die sprechende und angesprochene Person (bzw. Personengruppe) als den obligatorischen Partnern jeder sprachlicher Kommunikation".
(1) für die sprenchende [...] Person : Akkusativ nach der Präposition "für"
(2) als : Konjunktion
(3) den obligatorischen Partnern : Dativ ("Normalkasus"); als-Apposition zu (1)
(4) die obligatorischen Partner : Apposition im Akkusativ (Kongruenz) zu (1)
Könnte die Tatsache, dass hier der Dativ als "Normalkasus" dem Akkusativ (Regel: die Apposition steht im gleichen Kasus) bevorzugt wurde, darauf zurückzuführen sein, dass der Akkusativ sich morphologisch mit dem Nominativ deckt, so dass die "Kongruenz" nicht mehr deutlich als solche erkennbar wäre?
Woher kommt die Bezeichnung "Normalkasus", wo es sich doch um Ausnahmen handelt?
Mit freundlichen Grüßen
Michel Soumillion
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Dativ als "Normalkasus"
Lieber Herr Soumillion,
das ist eine sehr interessante Frage, die wir leider nicht eindeutig beantworten können.
Die Bezeichnung 'Normalkasus' haben wir aus der Dudengrammatik übernommen (§ 1553 zur Kongruenz von lockeren Appositionen). Die Tatsache, dass die Autoren der Dudengrammatik von "Normalkasus" in Anführungsstrichen sprechen, deutet u.E. eher darauf hin, dass es eine ad-hoc-Verwendung ist. Uns ist der Terminus zumindest auch nicht aus anderen Quellen/Kontexten geläufig.
Das Phänomen dagegen wäre eine genauere Untersuchung wert. Wir haben bei der Beantwortung der Grammatikfragen schon in verschiedenen Kontexten den Eindruck gewonnen, dass der Dativ im Sprachgebrauch tatsächlich eine sehr allgemeine Funktion der Markierung von Zusammenhängen übernimmt. Dafür gibt es möglicherweise zwei Erklärungen:
1. Ihre Erklärung für das Beispiel aus Helbig/Buscha scheint uns durchaus plausibel: Das Flexionssystem im Gegenwartsdeutschen ist ja nicht mehr sehr stark ausdifferenziert. Der Dativ ist häufig noch relativ gut erkennbar und kann deshalb an solchen Stellen eine allgemeine Markierungsfunktion übernehmen, an denen andere Kasusendungen nicht eindeutig (= synkretistisch) sind. Gerade im vorliegenden Fall ist Ihre Erklärung, dass die Akkusativendung ja zu einer Verwechselung mit dem Nominativ führen könnte, sehr naheliegend.
2. In vielen Fällen haben wir auch den Eindruck, dass möglicherweise der Dativ dann bevorzugt als allgemeiner Abhängigkeitskasus verwendet wird, wenn die Satzkonstruktion aufgrund ihrer Komplexität für den Sprecher nicht mehr ganz überschaubar ist. Beispiel dafür sind:
http://www.grammatikfragen.de/showth...xid=apposition
http://www.grammatikfragen.de/showth...fixid=attribut
http://www.grammatikfragen.de/showth...oder-Akkusativ
3. Schließlich halten wir es auch nicht für ausgeschlossen, dass auf den Dativ ausgewichen wird, wenn der Genitiv möglicherweise hyperkorrekt wirken könnte, wie in folgendem Beispiel:
http://www.grammatikfragen.de/showth...xid=apposition
Angesichts der offensichtlichen Relevanz des Phänomens scheint uns die Redeweise vom "Normalkasus" durchaus sinnvoll zu sein.
Herzliche Grüße
Mathilde Hennig
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Geändert von Mathilde Hennig (11.11.2013 um 08:57 Uhr)
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