Obwohl bei den vorliegenden Sätzen aus sprachsystematischer Sicht alles in Ordnung ist, können Probleme hinsichtlich der Bedeutung entstehen. So stellen Sie die Reichweite des
Demonstrativpronomens das, welches im Vorfeld, also vor dem finiten Verb, des zweiten Satzes steht, in Frage. Klar ist, dass sich dieses Pronomen in irgendeiner Weise auf den vorherigen Satz beziehen muss, doch die nachstehende Lesart, die auch Ihnen unsinnig erscheint, kann nicht beabsichtigt sein.
Beispiel
(1) Das Schriftformerfordernis bedarf der Schriftform.
Das
anadeiktische (= rückwärtsweisend)
Demonstrativpronomen das dient auf jeden Fall dazu, Teile aus dem vorangegangenen Satz als Redegegenstand wiederaufzunehmen, allerdings muss bestimmt werden, worauf genau es sich bezieht (vgl. Duden 4: 280, Randnummer 372). Besonders schwierig gestaltet sich dies, da die Neutrumformen der Pronomen, was
das einschließt, auf Teile eines Satzes oder auch auf den ganzen Satz Bezug nehmen können (vgl. Duden 4: 258, Randnummer 352).
In vielen Fällen, in denen sich das anadeiktische
das nur auf einen Teilsatz bezieht, liegen oft komplexere Konstruktionen vor. So zeigt das nachstehende Beispiel, dass sich das Pronomen nur auf den Teilsatz, der durch den Subjunktor
dass eingeleitet wird, bezieht.
Beispiel
(2) Steffen weiß nicht,
dass sie schon wieder da ist. Anita weiß
das aber schon lange.
Hingegen bei einfachen Sätzen kommt es häufig vor, dass sich das anadeiktische Pronomen auf den ganzen Satz aus Subjekt, Prädikat und gegebenenfalls Objekt bezieht.
Beispiel
(3)
Anita verrät ständig Geheimnisse.
Das weiß jeder.
Eine feste Regel stellt es aber nur bedingt dar, dass rückbezügliche Demonstrativpronomen, immer auf einen vollständigen Satz verweisen, wenn sie auf einen einfachen Satz folgen, aber auf Teilsätze bezogen sein können, wenn jene zu komplexen Sätzen gehören. So sind auch Sätze denkbar, bei denen sich
das tatsächlich nur auf das Prädikat eines einfachen Satzes bezieht.
Beispiel
(4) Anita
kann nichts für sich behalten. Steffen kann
das auch nicht.
Der Vergleich Ihres Satzes mit Beispiel 4 hinkt allerdings insofern, als in dem Auszug aus dem Gesetzestext kein Modalverb wie
können vorkommt. Der eindeutige Bezug von
das in Beispiel 4 auf das bloße Prädikat des vorangegangenen Satzes kommt also dadurch zustande, dass
kann aus dem ersten Satz als finiter Prädikatsteil im zweiten Satz wiederaufgenommen wird. Es ist daher davon auszugehen, dass der Rückbezug von
das auf Prädikate nicht die Regel darstellt. Stattdessen erscheint der Verweis durch
das auf den vollständigen Bezugssatz als Normalfall.
Zusätzlich kann der Problematik noch durch die Berücksichtigung des kontextuellen Rahmens, der durch die Einbettung der Sätze in einen Gesetzestext vorgegeben wird, beigekommen werden. Auf diese Weise ist es möglich, unter Einbezug der Kenntnisse um die beabsichtigte Aussage, die Bedeutung richtig zu verstehen, selbst wenn jene nicht explizit gemacht wird (vgl. Duden 4: 1104, Randnummer 1819). Die Frage muss also sein, welche Bedeutung hier am sinnvollsten erscheint. Mithilfe Ihres
Weltwissens ist es Ihnen ja auch gelungen, die
Proposition (= Gehalt des Geäußerten) zu bestimmen und zu verstehen, worauf sich
das logisch beziehen muss. So haben Sie durch Ihr Verständnis des Kontexts der Sätze erkannt, dass sich
das nicht nur auf das Prädikat des vorangegangenen Satzes beziehen kann, wodurch folgende Bedeutung naheliegend ist:
Beispiel
(5) Änderungen und Ergänzungen des Schriftformerfordernisses selbst bedürfen auch der Schriftform.
Fazit: Wie gerade Beispiel 4 zeigen konnte, war Ihr Zweifel an der Bedeutung des zweiten Satzes Ihres Beispiels durchaus berechtigt, da es vorkommen kann, dass sich das anadeiktische Demonstrativpronomen
das tatsächlich nur auf ein Prädikat bezieht. Dies stellt aber nicht den Normalfall dar, bei dem das Demonstrativpronomen
das auf den vollständigen einfachen Satz, auf den es folgt, bezogen ist. Außerdem macht es das Wissen um den Kontext der beiden Sätze plausibler, davon auszugehen, dass sich
das auf den gesamten ersten Satz beziehen muss.
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