Bei Ihrem Zweifelsfall geht es um die
Kongruenz zwischen Subjekt und finitem Verb. Das finite Verb eines Satzes ist der Teil des Prädikats, der die Flexionsendung aufweist (in Ihrem Fall
wird bzw.
werden). Es ist hinsichtlich der grammatischen Kategorie
Numerus (wie auch in der Person) auf das Subjekt abgestimmt. Das bedeutet im Normalfall, dass das Subjekt den Numerus (Singular oder Plural) eindeutig vorgibt und dass sich das finite Verb mit seiner Endung darauf einstellt.
Auch im Teilsatz
..., durch den große Rechensicherheit und zügiges Rechnen erzielt wird/werden muss sich das finite Verb
wird/werden mit dem Subjekt
große Rechensicherheit und zügiges Rechnen abstimmen. Problematisch ist dabei jedoch, dass das Subjekt aus zwei Teilen besteht, die durch die Konjunktion
und miteinander verbunden sind. Beide Subjektteile stehen für sich genommen im Singular, aber bedeutet das, dass das finite Verb deswegen auch im Singular stehen muss?
Die Dudengrammatik hat für solche Fälle eine „
Kongruenzregel für Subjekte mit gereihten Subjektteilen“ aufgestellt. Derzufolge gilt die Reihung insgesamt als Plural, auch wenn die einzelnen Teile im Singular stehen, d. h. die einzelnen Teile werden sozusagen addiert (1+1 = 2). Aus dem Grund muss dann auch das finite Verb im Plural stehen
(..., durch den große Rechensicherheit und zügiges Rechnen erzielt werden).
Daneben formuliert die Dudengrammatik noch eine „
Kongruenzregel für Subjekte in zusammengezogenen Sätzen mit nur einem finiten Verb“, bei deren Anwendung in Ihrem Fall genau das gegenteilige Ergebnis herauskommt. Hierbei wird der Teilsatz
..., durch den große Rechensicherheit und zügiges Rechnen erzielt wird/werden so analysiert, als handele es sich eigentlich um zwei Sätze, nur dass bei einem das finite Verb weggelassen wird (man spricht dann von einer Koordinationsellipse). Vollständig müsste es also folgendermaßen heißen:
durch den große Rechensicherheit (erzielt wird) = Satz 1
und (durch den) zügiges Rechnen erzielt wird. = Satz 2
Die Regel besagt nun, dass sich das (tatsächlich vorhandene) finite Verb nach dem näher stehenden Subjekt richtet, in diesem Fall
zügiges Rechnen. Dieses steht im Singular, folglich müsste auch das finite Verb im Singular stehen (
..., durch den große Rechensicherheit und zügiges Rechnen erzielt wird).
Eine weitere mögliche Betrachtungsweise des Problems liefert Richard Schrodt. Ihm zufolge könnten die beiden Subjektteile zusammengefasst, aber trotzdem als Singular betrachtet werden, wenn Sie die
große Rechensicherheit und das
zügige Rechnen als „eine Fähigkeit mit zwei Ausformungen“ ansehen.
Beispiel
„Das Schreiben und das Lesen ist nie mein Fall gewesen.“ (Schrodt 2005: 242)
In Schrodts Beispiel stellen
Schreiben und
Lesen einzelne Ausformungen der Alphabetisierung dar. Wenn sich ein solcher gemeinsamer Oberbegriff finden lässt, legt Schrodt die Verwendung des Singulars beim finiten Verb nahe (dementsprechend:
..., durch den große Rechensicherheit und zügiges Rechnen erzielt wird). Ein weiterer Test ist die
Ersatzprobe: Wenn das gesamte gereihte Subjekt durch ein Pronomen im Singular ersetzt werden kann, spricht dies natürlich ebenfalls für den Singular beim Verb:
..., durch den das (= große Rechensicherheit und zügiges Rechnen)
erzielt wird.
Trotz der genannten Regeln der Dudengrammatik und Schrodts Testverfahren ist es schwierig, ein abschließendes Urteil darüber zu fällen, ob beide Varianten von allen Lesern/Hörern wirklich in gleichem Maße akzeptiert werden. Einige könnten den Singular
wird für grammatisch („richtig“) halten, andere dagegen für ungrammatisch („falsch“), was ebenso für den Plural
werden gilt. Letztlich sind wohl beide Varianten gleich „richtig“, so dass es vor allem in Ihrem eigenen Ermessen und an Ihrer Aussageabsicht liegt, ob Sie den Plural oder den Singular wählen.
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