Sprachsystem
Die grammatischen und orthographischen Konsequenzen der aus dem Bedürfnis nach political correctness hervorgegangenen Genderschreibung sind unseres Wissens in keinster Weise normativ geregelt. Die Frage, wie mit diesen Formen grammatisch umzugehen ist, ist deshalb besonders diffizil, weil sich hier durch das Bedürfnis nach einer gendergerechten Schreibung hervorgerufene Überlagerung von natürlichem Geschlecht und der grammatischen Kategorie Genus Komplikationen ergeben: Die Markierung beider natürlichen Geschlechter durch die grammatische Kategorie Genus markierende Flexionsendungen führt zu einer Aufhebung der Trennung von natürlichem und grammatischem Geschlecht (grammatisches Genus bildet ja eigentlich nicht das natürliche Geschlecht ab, vgl. bspw. das Mädchen – die Frau, die Katze – das Pferd – der Hund). Das hat zur Folge, dass sich die grammatische Organisation der nach dem Genderprinzip gebildeten Personenbezeichnungen nun dem Bedürfnis nach Gleichstellung anpassen muss. Insofern wäre es nur konsequent zu sagen, dass der Dativ Plural den Mitarbeitern/-innen lauten müsste. Dass wir diesbezüglich aber noch schwanken, liegt offensichtlich daran, dass eine Doppelmarkierung grammatischer Kategorien an einem Lexem im grammatischen System eigentlich nicht vorgesehen ist. Dies mag auch der Grund dafür sein, dass hier im Sprachgebrauch die Notwendigkeit der Markierung von Dativ Plural am maskulinen Bestandteil der Genderbildung häufig suspendiert wird (vergleichbar etwa mit dem Prinzip der Monoflexion in der Nominalgruppe).
Sprachgeschichte
Wir sind gegenwärtig Zeugen eines Sprachwandelprozesses, der darin besteht, qua Konventionalisierung die Konsequenzen aus dem Bedürfnis nach gendergerechten Personenbezeichnungen auszuhandeln. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie sprachliche Formen geschaffen werden können, die einerseits dem Bedürfnis nach der Nennung beider Geschlechter gerecht werden, die aber andererseits dazu geeignet sind, Doppelnennungen zu vermeiden. Aus diesen Entwicklungen können bspw. Formen hervorgehen, die geschlechtsneutral sind (Lehrende, Studierende) oder auch bestimmte Kurzformen (SuS). Solche neuen Wortbildungsprodukte können dann im Sprachgebrauch einfach in die jeweilige grammatische Umgebung integriert werden. Da es bislang nur in vereinzelten Fällen zur Entstehung neuer Wortbildungsprodukte als Reaktion auf das Gleichstellungsbedürfnis gekommen ist, bleibt ein Kernbereich an Personenbezeichnungen, bei denen die Nennung beider Geschlechter durch den Zusatz der weiblichen Pluralendung –innen vorgenommen wird.
Sprachgebrauch
Da wir hier wie bereits angedeutet gegenwärtig nur die Möglichkeit haben, die derzeit ablaufenden Konventionalisierungsvorgänge zu verfolgen, scheint ein Blick auf den aktuellen Sprachgebrauch aufschlussreich. Die Suche nach der Wortgruppe den Mitarbeiter/-innen vs. den Mitarbeitern/-innen bei google ergibt 204.000 Treffer für die erste Schreibweise und 49.700 für die zweite.
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