Da es sich bei einer Frage zur Rechtschreibung um keinen den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfall handelt, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.
Im Amtlichen Regelwerk heißt es unter §58 (6), dass man Kardinalzahlen kleinschreibt. Diese Basisregel der Kleinschreibung von Kardinalzahlen hat allerdings eine Ausnahme: Zahlsubstantive (§ 55 (5)), die großgeschrieben werden müssen. Geben jene Zahlsubstantive aber eine unbestimmte Menge an, können sie groß- oder kleingeschrieben werden (1).
Beispiel
(1) Es kamen viele
tausende/Tausende von Zuschauern.
Diese unterschiedlichen Fälle veranschaulichen, dass die Groß- und Kleinschreibung bei Zahlen keineswegs einheitlich geregelt ist, weswegen Unklarheiten auf diesem Gebiet verständlich sind. Einen Beitrag zu dieser Thematik finden Sie unter folgendem Link:
http://www.grammatikfragen.de/showth...leinschreibung
Nun bezieht sich Ihre Frage aber nicht auf die Schreibung von Kardinalzahlen, sondern auf Bruchzahlen wie Viertel, Drittel oder Zwanzigstel, die zunächst als Substantive zu betrachten sind. Bei der Verwendung in Uhrzeitangaben schreibt man die Bruchzahlen auf -tel und -stel aber klein, wenn sie unmittelbar vor Kardinalzahlen stehen (2).
Beispiel
(2) Und ich bin heilfroh, wenn es
viertel neun ist. (Internetbeleg)
Im Fall von (2) steht viertel unmittelbar vor einer Kardinalzahl und wird daher nicht großgeschrieben (§56 (6.2)). Im Gegensatz zu (3) handelt es sich nämlich bei viertel in (2) um kein Substantiv. Stattdessen wird es als Adjektiv angesehen.
Beispiel
(3) So erst gegen ein
Viertel vor neun starte ich richtig […]. (Internetbeleg)
Dass sich Viertel in (3) von viertel in (2) unterscheidet, sieht man zumindest in diesem Fall an der Wortumgebung. In Beispiel (3) geht der Bruchzahl mit ein ein indefiniter Artikel voraus. Hingegen in (2) hat die Bruchzahl gar keine Eigenschaften eines Substativs und ist auch keines. Da Bruchzahlen also als Substantive oder Adjektive vorliegen können, ist die Groß- und Kleinschreibung in diesem Gebiet recht intransparent. Nur die zuvor bereits erwähnte Regel, dass großgeschrieben wird, wenn die Bruchzahl nicht unmittelbar vor der Kardinalzahl steht, ist ausschlaggebend.
Beispiel
(8) Um
Viertel nach acht ist es *soweit: (Internetbeleg)
(9) Um
Viertel vor neun wird Frau Dampf in den Kreißsaal geschoben; (Internetbeleg)
Ihr Zweifel ist entsprechend begründet und wird durch den Sprachgebrauch gestützt. Tatsächlich zeigt sich bei einer Stichprobe im Archiv für geschriebene Sprache in COSMAS II, einem zeitungsbasierten Korpus, dass keine Einigkeit unter kompetenten Schreiberinnen und Schreibern hinsichtlich der Groß- und Kleinschreibung besteht.
Beispiel
(10) "viertel vor acht" = 90 Treffer
(11) "Viertel vor acht" = 103 Treffer
Wenn man die Fälle abzieht, bei denen Viertel vor acht ohnehin großgeschrieben werden muss, weil es am Satzanfang steht, sind beide Varianten etwa gleichauf. Dabei entspricht nur Variante (11) der Regel, da zwischen Bruchzahl und Kardinalzahl die Präposition vor steht und somit die Kardinalzahl nicht unmittelbar auf die Bruchzahl folgt. Diese kleine Erhebung ist zwar nicht repräsentativ, aber stellt eine Regel, die gleichermaßen befolgt wie missachtet wird, infrage.
Fazit: Trotz einer gewissen Systematik ist die Groß- und Kleinschreibung im Bereich der Uhrzeitangaben mit Bruchzahlen offensichtlich schwer zu durschauen, was dazu führt, dass auch kompetente Schreiberinnen und Schreiber eher willkürlich variieren. Das Amtliche Regelwerk sieht Kleinschreibung vor, wenn die Bruchzahl bei Uhrzeitangaben auf -tel und -stel unmittelbar vor der Kardinalzahl steht. Im Umkehrschluss wird die Bruchzahl großgeschrieben, wenn sie nicht unmittelbar vor der Kardinalzahl steht.
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