In Ihrer Frage geht es darum, wie Anreden im Deutschen zu gestalten sind. Einen ersten Anhaltspunkt kann dazu der folgende Beitrag bieten:
http://www.grammatikfragen.de/showth...ighlight=liebe
Dort wird allgemein festgehalten, dass der Angeredete im Deutschen stets im
Nominativ angesprochen wird. In zweierlei Hinsicht können nun Unsicherheiten auftreten:
1. kann auf das Anredepronomen ein Adjektiv folgen. Dann stellt sich die Frage, ob für dieses die
starke oder schwache Flexion zu wählen ist.
2. kann nach dem Anredepronomen und dem ggf. auf das Anredepronomen folgenden Adjektiv ein vermeintliches Substantiv stehen, bei dem es sich jedoch um ein
substantiviertes Adjektiv handelt. Auch hier stellt sich dann die Frage nach der starken und schwachen Flexion, denn substantivierte Adjektive werden wie Adjektive flektiert.
Ihre Beispiele weisen genau diese Probleme auf. Sie stellen die Frage, ob nach einem Anredepronomen die starke oder die schwache Adjektivflexion zu wählen ist. Allgemein hängt die Wahl der Adjektivflexion vom
syntaktischen Umfeld des Adjektivs ab: Steht vor ihm ein Artikelwort mit Endung, dann wird es schwach flektiert. Steht vor ihm hingegen kein Artikelwort mit Endung, so ist die starke Flexion zu wählen.
Zur Beantwortung Ihrer Frage muss also nun geklärt werden, ob
ihr bzw.
du wie ein Artikelwort im Satz funktionieren oder eine andere Funktion aufweisen. In der Dudengrammatik heißt es dazu, dass
nach ihr in der Verwendung als Anredepronomen die schwache Flexion dominiert, d.h.
ihr würde sich grammatisch ähnlich wie ein Artikelwort verhalten. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1529/ Vgl. dazu auch Duden 9, S. 470f.) Dies würde angewendet auf ihre Beispiele für folgende Varianten sprechen:
Beispiel
Weg, ihr eitlen Ehren
Hallo ihr Lieben
Kommt doch herein, ihr schönen Damen
ihr guten Leute seid so nett mit mir
Anders verhält sich Ihr weiteres Beispiel:
Laut Duden 9
wird nach dem Anredepronomen du die starke Flexion bevorzugt. (Vgl. Duden 9, S. 42) Dies wird am folgenden Beispiel illustriert:
Dieses Beispiel funktioniert analog zu Ihrem, weswegen demnach auch bei Ihrem Beispiel die starke Flexion zu wählen sei.
Sie verweisen in Ihrer Frage jedoch schon zu Recht darauf, dass die Flexion in diesem Fall vom
Numerus abhängt. Während im Singular in der Regel die starke Flexion gewählt wird, wird im Plural eher die schwache Flexion gewählt, so der Duden 9. (Vgl. Duden 9, S. 42) Die Dudengrammatik hält entsprechend fest, dass
nach ihr meistens die starke, nach du eher die schwache Flexion folgt. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1526)
Beide Anredepronomen zählen jedoch zu den Wörtern, bei denen nicht klar ist, ob sie wirklich als Artikelwort fungieren. Das hat zur Folge, dass es zwar Tendenzen gibt, welche Flexion nach ihnen gewählt wird, jedoch unterliegen diese auch
Schwankungen.
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