Um zunächst einmal auf die Satzgliedanalyse einzugehen:
Sie schlagen vor, „als den“ als Apposition zum Bezugswort „der Tabubruch“ zu betrachten. Eines der klassischen Merkmale für Appositionen lautet wie folgt:
„Appositionen stimmen mit dem Bezugswort oder der Bezugsgruppe im Kasus überein oder stehen im Nominativ“ (vgl. Dudengrammatik, §1550).
Beispiel
Dort steht
Herr Olsen,
der bekannte Rocksänger. (Nominativ)
Die Journalistin interviewte
Herrn Olsen,
den bekannten Rocksänger. (Akkusativ)
Die Bezugsgruppe „der Tabubruch“ steht im Nominativ Singular. „Den“ steht jedoch im Akkusativ Singular. Da „der Tabubruch“ und „den“ also nicht im gleichen Kasus stehen und „den“ auch nicht im Nominativ steht, kann es sich nicht um eine als-Apposition mit dem Bezugswort „Tabubruch“ handeln.
Nun stellt sich die Frage: Wo kommt dieses „als“ her?
Hierzu lohnt es sich, das Prädikat im untergeordneten Satz (schildert) genauer zu analysieren. Wenn wir die Valenz des Verbs
schildern betrachten, stellen wir fest, dass das Verb mit „als“ verbunden werden kann:
Beispiel
Der Angeklagte schildert
seine Tat als
emotionale Reaktion.
„
Den“ ist dementsprechend ein
Relativpronomen, das sich auf „der Tabubruch“ bezieht (wie Sie vorgeschlagen haben). Bei Relativsätzen ist das Spezifische, dass sich
das Relativpronomen zwar auf den übergeordneten Satz bezieht, sich aber grammatikalisch in den Relativsatz eingliedert. Deshalb sind das Bezugswort im übergeordneten Satz und das Relativpronomen im untergeordneten Satz nicht zwingend kasuskongruent.
Das Relativpronomen nimmt also die grammatische Form ein, die in der Konstruktion des Relativsatzes gerade benötigt wird. Weil das Verb „schildern“ im Nebensatz eine Nominalgruppe im Akkusativ fordert, steht das Relativpronomen „den“ auch im Akkusativ.
Der Nebensatz „als den Zimmerer den Mord an Herero und Nama schildert“ ist also ein Relativsatz zum übergeordneten Substantiv „Tabubruch“. Der Relativsatz beschreibt das Substantiv „Tabubruch“ näher. Ein derartiger Relativsatz wird als Attributsatz bezeichnet.
Funktional betrachtet kennzeichnet „als etwas“ bzw. im Beispiel „als emotionale Reaktion“ das Objektsprädikativ zu dem Objekt „etwas“ bzw. „seine Tat“.
Beispiel
Zimmerer schildert den Mord an Herero und Nama als Tabubruch.
Die Erklärung soll hier graphisch dargestellt werden:
Semantisch schildert Zimmerer, wie Sie schon schreiben, den Mord als einen Tabubruch. Der Autor des Zitates verneint dies jedoch; es sei (1904) kein Tabubruch gewesen.
Letztlich hier noch ein ähnlich konstruiertes Beispiel, bei dem der Attributsatz mit „als“ eingeleitet wird:
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