Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
In Ihrer Frage geht es darum, welches Tempus (= Zeitform) im zweiten Teilsatz verwendet werden soll, entweder Präteritum (Beispiel (1)) oder Plusquamperfekt (Beispiel (2)):
Beispiel
(1) Sie ist verschwunden, nachdem sie im Café
war.
(2) Sie ist verschwunden, nachdem sie im Café
gewesen war.
Zwar gibt es die standardsprachliche Konvention, bei einem Übergang von einem vergangenen zu einem vorvergangenen Ereignis – wie es in Ihrem Beispiel der Fall ist – das Tempus zu wechseln, jedoch ist die Befolgung dieser Konvention nicht zwingend notwendig. An dieser Stelle möchten wir auf bereits vorhandene Beiträge zu diesem Thema verweisen:
http://www.grammatikfragen.de/showth...refixid=tempus und http://www.grammatikfragen.de/showth...refixid=tempus
Entscheidend ist also, dass die zeitlichen Verhältnisse – so auch das zeitliche Nacheinander – deutlich werden. Nun gibt es verschiedene Mittel zum Ausdruck von Temporalität: Hier spielt das Tempus zwar eine zentrale, aber nicht alles entscheidende Rolle. Zur Verdeutlichung zeitlicher Verhältnisse sind u.a. auch die sogenannten temporalen Subjunktoren wie z. B. „nachdem“ von Bedeutung. Zur Veranschaulichung sei hier zunächst ein etwas einfacheres Beispiel angeführt, bei dem das Plusquamperfekt mit dem Hilfsverb haben (statt wie in Ihrem Beispiel mit sein) gebildet wird:
Beispiel
(3) Nachdem sie die Arbeit
beendet hatten,
wendeten sie sich der neuen Aufgabe zu
In Beispiel (3) liegt ebenfalls eine zeitliche Abfolge zweier Ereignisse vor, was nicht nur am Subjunktor „nachdem“ zu erkennen ist, sondern auch eindeutig an der Verwendung zweier unterschiedlicher Tempora entsprechend der standardsprachlichen Konvention: Im ersten Teilsatz liegt Plusquamperfekt vor (beendet hatten), im zweiten Teilsatz Präteritum (wendeten).
Während in Beispiel (3) die Zeitformen eindeutig identifiziert werden können, kommt es jedoch in Ihrem Beispiel zu einer zusätzlichen Problematik, da es nicht eindeutig ist, welches Tempus im ersten Teilsatz vorliegt. Es ergeben sich die beiden folgenden Deutungsmöglichkeiten:
Beispiel
(4a) Sie verschwindet -> Sie ist verschwunden =
Perfekt
(4b) Sie ist nicht da -> Sie ist verschwunden im Sinne von „sie hat die Eigenschaft, nicht anwesend zu sein“ =
Präsens
Deutet man den ersten Teilsatz so, dass Perfekt vorliegt (Beispiel (4a)), würde man entsprechend der standardsprachlichen Konvention auf das Plusquamperfekt im zweiten Teilsatz zurückgreifen (Beispiel (2)), um dadurch die Vorzeitigkeit des Ereignisses auszudrücken. Deutet man den ersten Teilsatz als Präsens (Beispiel (4b)), so wäre entsprechend der standardsprachlichen Konvention das Präteritum im zweiten Teilsatz (Beispiel (1)) das präferierte Vorzeitigkeitstempus.
Letztendlich bleibt es Ihnen überlassen, ob Sie sich der standardsprachlichen Konvention anschließen möchten und die zeitliche Abfolge durch die zusätzliche Verwendung des Plusquamperfekts markieren möchten oder ob Sie das Vorhandensein des Subjunktors „nachdem“ in Verwendung mit dem Präteritum im zweiten Teilsatz als ausreichend erachten, um die Vorzeitigkeit des Ereignisses auszudrücken.
Lesezeichen