In Ihrer Frage geht es darum, in welchem Numerus das finite Verb sein stehen muss. Dabei gilt allgemein die Regel, dass
ein finites Verb hinsichtlich des Numerus mit dem Subjekt übereinstimmen muss. Das bedeutet, dass bei einem Subjekt im Plural auch das finite Verb im Plural stehen muss. Steht hingegen das Subjekt im Singular, dann muss auch das finite Verb im Singular stehen. Das bedeutet für ihre Frage, dass geklärt werden muss, was das Subjekt in ihrem Satz und in welchem Numerus es steht.
Dabei weist der Satz die typische Struktur von
Kopulasätzen auf. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie u.a. mit dem Verb
sein gebildet werden, welches in der Regel mit einer Nominalgruppe auftritt, die in Kasus und Numerus mit einem anderen Satzglied übereinstimmt und mit der Eigenschaften einem Gegenstand oder einer Person zugeschrieben werden. Typische Beispiele für diese Art von Sätzen sind:
Beispiel
1) Er ist ein intelligenter Junge.
2) Sie sind intelligente Jungen.
Beide Sätze weisen die Struktur auf, dass sie mit dem Subjekt beginnen (
er/sie), dann eine flektierte Form des Verbs
sein folgt und schließlich eine Nominalgruppe im Nominativ anknüpft. Dabei ist das jeweilige Subjekt kongruent hinsichtlich Kasus und Numerus mit der Nominalgruppe im Nominativ, mit der dem Subjekt Eigenschaften zugeschrieben werden:
Beispiel
1)
Er (= Nominativ Singular Maskulinum) ist ein
intelligenter Junge (= Nominativ Singular Maskulinum).
2)
Sie (= Nominativ Plural Maskulinum) sind
intelligente Jungen (= Nominativ Plural Maskulinum).
Das finite Verb ist in beiden Beispielen hinsichtlich des Numerus kongruent mit dem Subjekt:
Beispiel
1)
Er (= Singular)
ist (= Singular) ein intelligenter Junge.
2)
Sie (= Plural)
sind (= Plural) intelligente Jungen.
Analysiert man nun Ihren Beispiel Satz als Kopulasatz entstehen mehrere Schwierigkeiten:
Ihr Satz funktioniert nicht ganz analog zu den vorherigen Beispielen. Ein Problem besteht darin, dass solche Kopulasätze
Gleichsetzungssätze sind. Bei diesen stehen entweder beide Wortgruppen im Singular oder im Plural.
In der Regel werden keine Dinge gleichgesetzt, die einen unterschiedlichen Numerus aufweisen. Eine Ausnahme dafür wäre jedoch das Beispiel:
Beispiel
Besonders
Rechtschreibfehler (=Plural) waren ihm immer
ein Gräuel (=Singular). (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1632)
Ihr Beispiel stellt genauso eine Ausnahme dar, denn auch bei Ihnen unterscheiden sich die Nominalgruppen im Numerus. Während
es Singular ist, ist
30 Grad tendenziell eher im Plural (zur Numerus-Problematik bei
30 Grad folgt im kommenden Abschnitt eine Erläuterung).
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass an der Position im Satz, an der das Subjekt besonders häufig steht, das Wort
es steht.
Es verweist hier, anders als bei einem prototypischen
es, auf nichts in der Welt, sodass man auch von einem
unpersönlichen es spricht. Nun entsteht daraus die Schwierigkeit, dass
es hier zwar an der Position im Satz steht, an der in der Regel das Subjekt steht,
es aber inhaltlich nur bedingt das Subjekt sein kann, denn
es referiert auf nichts in der Welt und so kann
es auch keine Eigenschaften sinnvoll zugeschrieben bekommen. Es ist also nicht klar, ob
es wirklich das Subjekt ist oder ob dies nicht vielmehr auf
30 Grad zutrifft. Daraus ergeben sich dann unterschiedliche Konsequenzen:
Wenn es das Subjekt ist, dann müsste das finite Verb im Singular stehen, da es Singular ist. Dann würde es lauten:
Ist hingegen
30 Grad das Subjekt, wird der Fall etwas schwieriger. Während das Wort
Grad seiner Form nach nämlich auf den Singular hindeutet, deutet die Zahl 30 an, dass es sich hierbei um eine Mehrzahl handelt. In der Dudengrammatik heißt es hierzu, dass die
Pluralflexion häufig bei Maß- und Mengenbezeichnungen unterlassen wird. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 270) Das bedeutet, dass ein Wort zwar formal im Singular steht, eigentlich aber ein Plural gemeint ist. Deswegegen wird dafür plädiert, das
Verb in den Plural zu setzen, wie die folgende Regel des Duden 9 zeigt: „Bei einer pluralischen Gradangabe muss auch das Verb im Plural stehen.“ (Vgl. Duden 9, S. 424) Demnach würde ihr Beispiel dann lauten:
Beispiel
Es sind 30 Grad.
Es ist demnach nicht klar, mit welchem der beiden Nominative das Verb kongruent sein muss, da unklar ist, wer hier das Subjekt ist und in welchem Numerus dieses steht.
Lesezeichen