Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Wahrig und Duden
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Wahrig und Duden
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
In ihrer Frage geht es darum, in welchem Numerus (Singular oder Plural) das finite Verb singen in Ihrem Beispielsatz stehen muss. Diesbezüglich finden Sie bereits hier einen ähnlichen Beitrag:
http://www.grammatikfragen.de/showth...ixid=kongruenz
Allgemein gilt die Regel, dass ein finites Verb kongruent zum Subjekt des Satzes sein muss. Das bedeutet, dass es eine Übereinstimmung von finitem Verb und Subjekt hinsichtlich des Numerus geben muss. Steht das Subjekt also im Plural, dann muss auch das finite Verb im Plural stehen. Steht hingegen das Subjekt im Singular, muss auch das finite Verb im Singular stehen. Das Subjekt ihres Beispielsatzes ist eine Million Menschen.
Ihr Zweifelsfall entsteht nun dadurch, dass aufgrund der Bedeutung von eine Million Menschen, nämlich dass es sich um eine Vielzahl von Menschen handelt, es naheliegend erscheint, das finite Verb ebenfalls in den Plural zu setzen. Aufgrund dessen schlagen Sie folgende Variante vor:
Beispiel
Eine Million Menschen singen.
Dies ist insofern richtig, als dass hier auf semantischer Ebene Kongruenz hergestellt wird.
Aus grammatischer Perspektive steht das Subjekt jedoch im Singular. Dies lässt sich zum einen daran erkennen, dass das Wort Million nicht die Flexionsendung –en trägt, die den Plural markiert. Zum anderen deutet auch das Zahlwort eine daraufhin, dass hier der Singular vorliegt. Entsprechend wäre folgende Variante zu wählen, um auf grammatischer Ebene die Kongruenz zu gewährleisten:
Beispiel
Eine Million Menschen singt.
Nun könnte angemerkt werden, dass das Substantiv Menschen im Plural steht. Dies ist korrekt, jedoch für die Frage nach der Kongruenz zunächst nicht ausschlaggebend, da Menschen lediglich ein partitives Attribut zu Million darstellt, also eine Ergänzung, mit der angegeben wird, wovon eine Million vorliegen. Für die Kongruenz ist allerdings der Kern der Nominalgruppe relevant, welcher Million ist und wie bereits erwähnt im Singular steht. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1617)
Die Dudengrammatik verweist jedoch zu Recht darauf, dass es bezüglich Ihres Zweifelsfalls Schwankungen gibt und lässt entsprechend auch die Pluralvariante zu, für die sich folgende Gründe anführen lassen:
1. Die bereits erläuterte semantische Kongruenz spricht für den Plural.
2. Wenn das partitive Attribut wie in Ihrem Beispiel Personen bezeichnet, besteht eine zunehmende Tendenz, auch das finite Verb in den Plural zu setzen.
3. Ist eine Umdeutung der grammatischen Beziehungen denkbar. Eine Vermutung diesbezüglich lautet, dass Sprachbenutzer die Nominalgruppe Menschen als Kern der komplexen Nominalgruppe auffassen und nicht Million. Dies hängt damit zusammen, dass Million zumindest semantisch wie ein Zahlwort funktioniert und Zahlwörter i.d.R. nicht den Kern von Nominalgruppen bilden. Wenn dies der Fall ist, ist Million lediglich eine Art Attribut zu Menschen und das finite Verb müsste kongruent zu dem Kern Menschen sein und entsprechend im Plural stehen.
Sprachgebrauch
Eine Untersuchung des Sprachgebrauchs mithilfe von Google und Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), soll nun Aufschluss darüber geben, welche Variante im Sprachgebrauch tatsächlich präferiert wird. Das Ergebnis der Suche zeigt die folgende Tabelle:
Cosmas II Eine Million Menschen singt 1 Treffer 0 Treffer Eine Million Menschen singen ca. 205 Treffer 1 Treffer Eine Million Menschen ist ca. 12.600 Treffer ca. 44 Treffer Eine Million Menschen sind ca. 34.900 Treffer ca. 311 Treffer Eine Million Menschen hat ca. 3.980 Treffer ca. 24 Treffer Eine Million Menschen haben ca. 20.900 Treffer ca. 193 Treffer
Anhand dieser exemplarischen Suchanfragen zeigt sich deutlich, dass der Sprachbenutzer die Wahl des Plurals präferiert.
Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:
1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.
2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
Fazit: Insgesamt lässt sich also sagen, dass sich beide Varianten erklären lassen. Grammatische Kongruenz besteht in ihrem Beispiel bei der Wahl des Singulars, semantische Kongruenz hingegen bei der Wahl des Plurals. Bei einer Untersuchung des Sprachgebrauchs zeigt sich, dass die Wahl des Plurals tendenziell präferiert wird.
Geändert von Jacqueline Weiß (06.11.2015 um 10:11 Uhr)
Das Subjekt steht im Singular. Grammatisch ist also korrekt:
"Eine Million Menschen singt."
Es geht nicht an, die grammatisch falschen Versionen zu zählen (z. B. im Internet) und dann einen Mehrheitsentscheid zu fällen.
Liebe Nutzer des Forums,
bitte beachten Sie, dass der Nutzer 'Grammatikus' nicht zum Expertenteam des Forums gehört. Wenn Sie sich die Einschätzung der linguistisch geschulten Experten interessiert, berücksichtigen Sie also bitte unsere Antwort und nicht die von 'Grammatikus'.
Herzliche Grüße
Mathilde Hennig
Lieber Grammatikus,
hast du denn die ganze Erklärung gelesen? Der Klick auf das "[mehr]" lohnt sich sehr...
:-)
Fo
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