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Thema: Wie heisst es richtig? 3 bis 4 Tropfen auf Zucker oder in einem Glas warmen Wasser eingenommen oder ........ auf Zucker oder in einem Glas warmen Wassers eingenommen

  1. #1

    Standard Wie heisst es richtig? 3 bis 4 Tropfen auf Zucker oder in einem Glas warmen Wasser eingenommen oder ........ auf Zucker oder in einem Glas warmen Wassers eingenommen

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Medikamentenbeipackzettel

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Wahrig Deutsches Wörterbuch

    Mein Mann meint, die erste Variante "Beipackzettel" - warmen Wasser eingenommen - wäre falsch!

  2. #2
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    Ort
    Gießen
    Beiträge
    271

    Standard Partitive Attribute

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    In Ihrer Frage geht darum, in welchem Kasus das Substantiv Wasser stehen muss. Betrachtet man die grammatischen Verhältnisse in Ihrem Beispiel, dann bezieht sich die Wortgruppe warmen Wasser(s) auf das Substantiv Glas. Das Substantiv Glas wiederum ist Teil einer komplexen Präpositionalgruppe, die mit der Präposition in beginnt. Diese Präposition legt fest, dass die auf sie folgende Nominalgruppe im Dativ stehen muss, weswegen es einem Glas heißt. Das Substantiv Glas steht also im Dativ und hat in Ihrem Beispiel die Funktion einer Maß- bzw. Mengenangabe. Das bedeutet, dass mit Glas angegeben wird, wie viel warmes Wasser verwendet wird. Warmen Wasser(s) übernimmt dabei die Funktion eines Attributs zu dem Substantiv Glas. Solche Wortgruppen, die nach einer Maß- bzw. Mengenangabe stehen werden als partitive Attribute bezeichnet. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1556) Mithilfe eines partitiven Attributs wird dabei immer ein Teil einer Gesamtmenge angegeben. Das Glas enthält also nur einen Teil der Gesamtmenge an Wasser.

    Für partitive Attribute gibt es im Deutschen die folgenden verschiedenen Realisierungsvarianten:

    1. partitive Apposition: Auf dem Tisch stand eine Kanne schwarzer Kaffee.
    2. partitiver Genitiv: Auf dem Tisch stand eine Kanne schwarzen Kaffees.
    3. präpositionale Fügungen: Auf dem Tisch stand eine Kanne mit schwarzem Kaffee.

    Aus den jeweiligen Realisierungsvarianten ergeben sich verschiedene Konsequenzen für den Kasus des partitiven Attributs.

    Ad 1: Bei einer partitiven Apposition richtet sich der Kasus der Apposition nach dem jeweiligen Bezugswort. Sie stimmen miteinander hinsichtlich des Kasus überein:

    Beispiel

    Auf dem Tisch stand eine Kanne [= Nominativ] schwarzer Kaffee [= Nominativ].
    Ich schenke dir eine Tasse [= Akkusativ] schwarzen Kaffee [= Akkusativ] ein.


    Ad 2: Beim partitiven Genitiv muss das partitive Attribut im Genitiv stehen:

    Beispiel

    Auf dem Tisch stand eine Kanne schwarzen Kaffees. [= Genitiv]
    Ich schenke dir eine Tasse schwarzen Kaffees [= Genitiv] ein.


    Ad 3: Bei einer präpositionalen Fügung richtet sich der Kasus nach dem Rektionsverhalten der Präposition. Das heißt die Präposition legt den Kasus der Nominalgruppe fest. In dem hier angeführten Beispiel fordert die Präposition mit den Dativ, weswegen Kaffee ebenfalls im Dativ steht.

    Beispiel

    Auf dem Tisch stand eine Kanne mit schwarzem Kaffee [=Dativ].


    Entsprechend müsste nun entschieden werden, ob in Ihrem Fall ein partitiver Genitiv oder eine partitive Apposition vorliegt. Dazu findet sich der Verweis, dass, wenn das Attribut aus einem Adjektiv plus Substantiv im Singular steht, man das Attribut als eine Apposition versteht und sich das Substantiv im Kasus nach dem Bezugswort richtet. Dieses steht in Ihrem Beispielsatz im Dativ, weswegen Wasser entsprechend ebenfalls im Dativ stehen müsste. Interpretiert man die Wortgruppe als eine partitive Apposition, dann lautet es also:

    Beispiel

    einem Glas warmem Wasser


    Alternativ kann man in diesem Fall jedoch auch die Wortgruppe als einen partitiven Genitiv verstehen. Dann müsste sie lauten:

    Beispiel

    einem Glas warmen Wassers


    Das Adjektiv müsste in diesem Fall die starke Flexionsendung tragen, da ihm kein Artikelwort vorangeht. Der Genitiv wird in diesem Fall jedoch heutzutage eher als gehoben empfunden.

    Entsprechend sind beide von Ihnen gewählte Varianten richtig vorausgesetzt, dass die Flexion des Adjektivs bei der Wahl des Dativs angepasst wird.
     


    Sprachgebrauch


    Welcher Kasus in Ihrem Beispielfall tatsächlich von den Sprachbenutzern präferiert wird, soll mit einer kleinen Analyse des Sprachgebrauchs gezeigt werden. Dazu wird für Ihr Beispiel nach Treffern in Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), und Google gesucht. Dabei ergibt sich das folgende Bild:

    GoogleCosmas II
    einem Glas warmem Wasser ca. 3.130 Treffer 2 Treffer
    einem Glas warmen Wassers ca. 677 Treffer 2 Treffer
    einem Glas kaltem Wasser ca. 8.160 Treffer 4 Treffer
    einem Glas kalten Wassers ca. 389 Treffer 1 Treffer

    Betrachtet man die Trefferzahlen, dann überwiegt in Ihrem Beispiel die Wahl des Dativs. Der Dativ wird also tendenziell von den Sprachbenutzern präferiert. Sieht man von dieser Tendenz ab, dann sind jedoch beide Varianten im Sprachgebrauch verbreitet.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     


    Fazit: Es lässt sich also festhalten, dass beide Varianten korrekt und im Sprachgebrauch verbreitet sind.

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