Ihre Fragen betreffen die
Semantik von Adverbien und
Komparationsformen von Adjektiven. Zunächst beschäftigen wir uns mit den Modaladverbien
wenigstens,
mindestens und
zumindest. Mit allen drei Modaladverbien kann - als Fokuspartikel gebraucht - eine Quantität in einem bestimmten Verhältnis ausgedrückt werden:
Wenigstens/mindestens/zumindest dreißig Kilogramm sollte Ihr Kind in dem Alter wiegen.
Dabei erläutert das
grammatische Informationssystem des Instituts für deutsche Sprache, dass mit
wenigstens und
zumindest ein Sprecher kommuniziert, dass der
Sachverhalt hinsichtlich seiner Erwartung zwar als geringwertig eingestuft wird (die dreißig Kilogramm sind immer noch gering), jedoch noch als
positiv, höhergradig und erwünscht (die dreißig Kilogramm sind jedoch erwünscht und höhergradig im Vergleich zu geringeren Werten).
Im Deutschen Universalwörterbuch der Dudenredaktion werden hingegen drei Bedeutungsnuancen aufgeführt:
- Zumindest und mindestens können wie auf jeden Fall gebraucht werden: „Dies ist auf jeden Fall/zumindest/mindestens keine bedrohliche Krise.“
- Zumindest und wenigstens können für eine Handlung gebraucht werden, die man als Mindestmaß voraussetzt: „Du hättest wenigstens/zumindest anrufen können!“
- Wenigstens und mindestens können in Verbindung mit Zahlenangaben gebraucht werden: „Dies kostet wenigstens/mindestens 300 Euro!“
Wenigstens und
zumindest werden außerdem grammatisch als Konnektoren behandelt, das heißt, sie verknüpfen Sätze miteinander wie in den unteren Beispielen.
Mindestens hingegen kann in der geschriebenen Standardsprache nur als eine Fokuspartikel wie im obigen Beispiel verwendet werden.
Weitere Beispiele:
Diese Entscheidung der Konzernzentrale hätte die Firmenleitung nicht so hinnehmen dürfen. Sie hätte zumindest Einspruch erheben müssen. (grammis 2.0)
Anders als viele der Gemüsehändler klagt er jedoch nicht über die Einbußen: "Wenigstens verkaufe ich nicht weniger als sonst um diese Jahreszeit." [Frankfurter Rundschau, 09.01.1997, S. 22] (grammis 2.0)
In Duden 9 „Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle“ werden die drei Modaladverbien als
Synonyme, also Wörter mit identischem Inhalt, aufgeführt:
Du hättest die Sache mindestens / zumindest / zum Mindesten / [wenigstens] vorher mit mir besprechen müssen.
Dies lässt sich auch bestätigen, wenn wir in authentischen Beispielen für mindestens die zwei Alternativen einsetzen, denn die Bedeutung ändert sich dadurch nicht:
Ist damit bewiesen, dass es in Zürich nur Platz für einen Sender gibt? Mindestens hat sich gezeigt, dass es für ein Programm wie Züri 1 nicht reicht. [Züricher Tagesanzeiger, 31.01.1996, S. 15] (grammis 2.0)
(Anmerkung: Hier wird mindestens als Konnektor gebraucht. Dies ist jedoch vermutlich regional.)
Ist damit bewiesen, dass es in Zürich nur Platz für einen Sender gibt? Wenigstens/Zumindest hat sich gezeigt, dass es für ein Programm wie Züri 1 nicht reicht.
---
Die Temporaladverbien
öfter,
häufiger und
öfters drücken hingegen eine zeitliche Quantität aus:
Das wird sie noch öfters tun, wenn eine Situation vorüber ist, vor der sie Angst hatte. (Süddeutsche Zeitung, Beispiel aus Duden 9)
„Wer öfter fragt, hat motiviertere Mitarbeiter“ (FAZ.net, 08.09.2016)
„Hans-Jürgen Bäumler floh häufiger über Feuerleiter vor Fans“ (FAZ.net, 30.03.2017)
Während
öfter und
häufiger gegeneinander austauschbar sind, trifft dies auf
öfters nicht immer zu. Dies liegt vermutlich daran, dass man in Vergleichen durch die Adverbien
öfter und
häufiger verdeutlicht, dass es sich um Steigerungsformen (Komparationsformen) handelt, während
öfters diese Eigenschaft nicht mehr so deutlich zeigt:
Das wird sie noch öfters/öfter/häufiger tun, wenn eine Situation vorüber ist, vor der sie Angst hatte.
Manche Sätze hört man öfter/häufiger als andere. (Süddeutsche Zeitung, Beispiel aus Duden 9)
In solchen Kontexten wie dem letzten Fall sei
öfters laut Duden 9 sehr selten; allgemein kann man sagen, dass
öfter in der geschriebenen Standardsprache überwiegt.
---
Bei
besser und
wohler handelt es sich ebenso um Komparationsformen, nämlich um jene der Adjektive
gut und
wohl. Dabei kann
wohl laut Duden Band 9 sowohl im Sinne von
gesund oder
behaglich als auch im Sinne von
gut gebraucht werden:
Bei meinem Bruder fühle ich mich wohl/behaglich.
Nach der Einnahme der Tabletten fühlte ich mich wieder wohl/gesund.
Der starke Max gefällt ihr wohl/gut.
Der Unterschied besteht zum einen darin, dass die Bedeutung von
wohl etwas ausdifferenzierter ist, zum anderen, dass
wohl im Sinne von
gut nicht immer seine Komparationsformen ausbildet, sondern jene von
gut:
Der starke Max fühlt sich wohl/wohler/am wohlsten bei seiner Großmutter.
Der starke Max gefällt ihr wohl/*wohler/*am wohlsten.
Der starke Max gefällt ihr wohl/besser/am besten.
Lesezeichen