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Thema: jemanden etwas wissen lassen - wann kann man das "es" weglassen?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard jemanden etwas wissen lassen - wann kann man das "es" weglassen?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Jemand, der Deutsch lernt, fragte auf einer Sprachlernsite (italki.com) nach dem Gebrauch von "wissen lassen"

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    bitte, wovon genau hängt es ab, ob ich in einem Satz mit "wissen lassen" das "es" weglassen kann?
    Z.B. kann man m.E. in einem Satz wie "Ich lasse es Dich wissen, falls ich es mir noch anders überlege" das "es" nach "lasse" nicht weglassen. Hingegen scheint es mir in dem Satz "Ich lasse Dich wissen wann er kommt" fehl am Platz zu sein.
    Für die Beantwortung meiner Frage wäre ich Ihnen dankbar. Selbstverständlich wäre mir auch mit einem Verweis gedient, nur war ich leider nicht imstande, das grammatikalische Problem so weit zu identifizieren, daß ich eine erfolgreiche Suche bei Ihnen oder in der Duden-Grammatik hätte durchführen können.
    Mit freundlichen Grüßen!
    Geändert von Hannah Brill (18.05.2017 um 17:23 Uhr)

  2. #2

    Standard Valenz der verbalen Fügung 'wissen lassen'

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Die Frage bezieht sich auf die Redewendung jemanden etwas wissen lassen. Es handelt sich dabei um eine verbale Fügung, bei der das Verb lassen an die syntaktische Umgebung angepasst, also konjugiert wird. Abhängig von dem Verb sind die Ergänzungen, die im Satz realisiert werden müssen. Diese Eigenschaft eines Wortes, Ergänzungen zu fordern, wird als Valenz bezeichnet. So ist beispielsweise das Subjekt eine obligatorische Ergänzung, aber auch die Objekte müssen im Satz realisiert sein. Wie bei der Redewendung jemanden etwas wissen lassen deutlich wird, sind die Akkusativobjekte jemanden und etwas obligatorische Ergänzungen. Dabei ist jemanden die Ergänzung zu wissen und etwas die Ergänzung zu lassen, sodass bei der verbalen Fügung wissen lassen beide Ergänzungen gefordert werden.

    Bei einigen Sätzen tritt nun zusätzlich zu den Ergänzungen ein es auf. Diese Verwendung von es ist Abhängig von der Form der Ergänzung, die die Valenzstelle etwas in jemanden etwas wissen lassen ausfüllt. Dies werde ich nun an einigen Beispielen erläutern.
    1. Ich lasse es dich wissen: Bei diesem Satz ist die Valenzstelle etwas durch das Pronomen es besetzt. Es verweist dabei auf einen inhaltlichen Aspekt, der aus dem Kontext zu erkennen ist. Das Pronomen es kann also als Objekt verwendet werden.
    2. Ich lasse dich wissen, wann er kommt: Bei diesem Beispiel wird die Valenzstelle etwas nicht durch ein Wort, sondern durch den Objektsatz wann er kommt realisiert. Dabei handelt es sich um einen indirekten Fragesatz, der den Status einer Ergänzung hat.
    3. Ich lasse es dich wissen, falls ich es mir noch anders überlege: Anhand dieses Beispielsatzes wird deutlich, dass das es an einigen Stellen obligatorisch verwendet wird. Dabei kann es ähnlich wie in Beispiel 1 als Objekt verwendet werden, das durch einen Adverbialsatz weiter spezifiziert wird.
    Ein Beispiel für diese Verwendung wäre der Satz Ich lasse es dich wissen, weil du es von mir verlangt hast.
    Das es kann aber auch als sogenanntes Korrelat aufgefasst werden, das eingesetzt wird, um eine Funktionsänderung des Adverbialsatzes zu kennzeichnen.
    Ein Beispiel dafür ist der Satz Ich lasse es dich wissen, wenn er kommt.
    Bei wenn er kommt handelt es sich um einen Adverbialsatz, der zu einem Ergänzungssatz wird und somit die Valenzstelle ausfüllen kann. Um diesen Funktionswandel zu kennzeichnen, kann das es verwendet werden. Die Übergänge von es mit Objektstatus und es als Korrelat sind dabei fließend, weshalb das es nicht immer eindeutig identifiziert werden kann.
    Im Beispielsatz Ich lasse es Dich wissen, falls ich es mir noch anders überlege kann es also zum einen als Objekt aufgefasst werden, das durch den Adverbialsatz falls ich es mir noch anders überlege näher bestimmt wird, aber auch als Korrelat, das die Funktionsänderung des Adverbialsatzes zum Ergänzungssatz kennzeichnet. Die Verwendung von es hängt also mit der Besetzung der Valenzstelle der verbalen Fügung bzw. der Auffassung des Adverbialsatzes zusammen. Dies wird auch bei der Analyse des Sprachgebrauchs ersichtlich.
     


    Sprachgebrauch

    Mit Hilfe von Cosmas 2 kann in den Sprachkorpora des Instituts für deutsche Sprache eine Analyse der auftretenden Formen in der Schriftsprache durchgeführt werden. Diese Belege liefern einen Anhaltspunkt für die im Sprachgebrauch verwendeten Formen. Zur Übersichtlichkeit wird für beide Varianten nur auf die 3. Person Singular eingegangen.



    Für lässt mich/dich… wissen liefert die Analyse 49 Belege.
    „Sie guckt in den Himmel und auf die strahlende Sonne und lässt mich wissen, wie entzückt sie ist, dass ich „die Sonne mitgebracht“ habe (Die Zeit 2010)
    In diesem Beispiel ist die Valenzstelle, ähnlich wie in Beispiel 2, durch einen Objektsatz ausgefüllt.
    Bei lässt es mich/dich… wissen gibt es im Sprachkorpus 7 Belege. Dabei ist besonders auffällig, dass bei 6 der 7 Beispiele ein Konditionalsatz die Valenzstelle ausfüllt. Ein Beispiel dafür ist folgender Beleg:
    „Er lässt es uns wissen, wenn wir etwas gut gemacht haben, reklamiert aber auch lautstark, wenn das Gegenteil der Fall war (St. Galler Tagblatt 2010)
    Durch die Analyse des Sprachgebrauchs kann also die Verwendung von es bei Adverbialsätzen im Zusammenhang mit der Valenzstelle der verbalen Fügung bestätigt werden. Dabei kann das Korrelat es entweder die Funktionsänderung zum Ergänzungssatz anzeigen oder als Objekt fungieren, das durch den Adverbialsatz spezifiziert wird.

    Allerdings gibt es auch Beispiele, bei denen diese Funktionsänderung von einem Adverbialsatz zum Ergänzungssatz nicht durch es gekennzeichnet wird.
    „Liebe Leute, lasst mich wissen, wenn’s vorbei ist!(Braunschweiger Zeitung 2011)
    Es kann also im Hinblick auf den situativen Kontext oder als Anpassungen an Ergänzungssätze anderer Art auch hier zu abweichendem Gebrauch kommen.
     


    Fazit: Die verbale Fügung jemanden etwas wissen lassen fordert zunächst kein es. Trotzdem kann im Sprachgebrauch eine solche Form obligatorisch sein, wobei dies vor allem bei Adverbialsätzen in Bezug auf die Valenzstelle etwas der Fall ist. Das es fungiert in diesem Zusammenhang entweder als Objekt, das durch den Adverbialsatz näher bestimmt wird, oder als Kennzeichen des Funktionswandels von dem Adverbialsatz zu einem Ergänzungssatz. Dies ist der Grund dafür, warum bei dem Satz Ich lasse es dich wissen, falls ich es mir noch anders überlege ein es als Korrelat verwendet wird, bei dem Satz Ich lasse dich wissen, wann er kommt jedoch nicht.

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