Ihre Frage betrifft die
Satzdefinitionen und Ellipsen. Ein deutscher Satz kann unterschiedlich definiert werden; in der geschriebenen Sprache kennzeichnen
orthographisch Satzschlusszeichen wie der Punkt die Grenze zwischen Sätzen. Eine darüber hinaus in der Forschung zum Satz verbreitete Definition ist: „Sätze sind Ausdruckseinheiten, die
ein finites Verb enthalten und die unter strukturellen und kontextuellen Bedingungen
notwendigen Verbkomplemente.“ (
Systematische Grammatik des Instituts für deutsche Sprache) Komplemente meint dabei die Mitspieler im Satz, die das Verb verlangt.
Satz:
Der Hausbesitzer verbietet hiermit das Berühren der Glasscheiben im Terrarium. (verbietet ist eine finite Wortform des Verbs verbieten.)
Ellipse:
Nicht berühren! (Bei berühren handelt es sich um den Infinitiv, also um eine infinite Form.)
Die zwei unteren Beispiele nennt man auch
Ellipsen, denn in diesen Kommunikationseinheiten kann aufgrund von Kontextbedingungen auf Elemente, die für einen Satz notwendig wären, verzichtet werden (diese Elemente kennzeichnen wir in Klammern):
Berühren (ist) verboten!
(Sie dürfen/sollen X) nicht berühren!
Bei Ihrem Fall handelt es sich ebenfalls um eine solche Ellipse, denn im zweiten Hauptsatz verzichtet man auf Elemente wie unter anderem die finite Verbform, sodass im markierten Hauptsatz kein Prädikat existiert. In den nachfolgenden Teilsätzen befinden sich zwar finite Verbformen wie
durchläuft und
nehme, diese stehen jedoch nicht im markierten Hauptsatz. In dem im Hauptsatz ausgelassenen Prädikat liegt vermutlich der Grund dafür, dass die Muttersprachler den Satz als grammatikalisch nicht korrekt aufgefasst haben.
"Mein Ziel ist, mich einem Unternehmen anzuschließen, bei dem ich meine tiefergehenden Kenntnisse und Erfahrungen aus meiner akademischen Laufbahn gewinnbringend in die Praxis umsetzen kann. (Damit meine ich) gegenseitig gewinnbringend und keinesfalls ausschließlich in finanzieller Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Entwicklung, die das Unternehmen mit meiner Beteiligung durchläuft, und ebenso auf die persönliche Entwicklung, die ich dabei nehme."
Ebenfalls kann man den betreffenden Abschnitt als Nachtrag zum Wort
gewinnbringend interpretieren: Ein Nachtrag kann alternativ orthografisch durch einen Gedankenstrich oder einem verbindenden Element wie „und zwar“ gekennzeichnet werden und unterliegt im Gegensatz zum Satz nicht der Forderung nach einer finiten Verbform:
Wir gingen in die Hütte – einen kalten Raum mit kleinen Fenstern.
"Mein Ziel ist, mich einem Unternehmen anzuschließen, bei dem ich meine tiefergehenden Kenntnisse und Erfahrungen aus meiner akademischen Laufbahn gewinnbringend in die Praxis umsetzen kann – gegenseitig gewinnbringend und keinesfalls ausschließlich in finanzieller Hinsicht […]“
oder
"Mein Ziel ist, mich einem Unternehmen anzuschließen, bei dem ich meine tiefergehenden Kenntnisse und Erfahrungen aus meiner akademischen Laufbahn gewinnbringend in die Praxis umsetzen kann, und zwar gegenseitig gewinnbringend und keinesfalls ausschließlich in finanzieller Hinsicht […]“
Ellipsen werden in der geschriebenen Sprache aus ökonomischen Gründen, zum Vermeiden von Wiederholung oder aus stilistischen Gründen gebraucht. Unser Sprachgebrauch besteht nicht nur aus Sätzen, sondern wir nutzen auch andere Formen der Einheitenbildung. Ihr Beispiel kann als Ellipse oder Nachtrag interpretiert werden und ist folglich grammatisch nicht zu beanstanden. Da die Angemessenheit der Ellipse in der von Ihnen formulierten Form aber von mehreren Personen in Frage gestellt wurde, empfehlen wir eine klare Kennzeichnung als Nachtrag, z.B. durch einen Gedankenstrich oder
und zwar.
Lesezeichen