Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Ihre Frage, ob die Antwort „Weil man dort forschen kann.“ auf eine Frage grammatikalisch korrekt ist, muss differenziert betrachtet werden. Besonders vor dem von Ihnen geschilderten Hintergrund, dass es sich dabei um die Beantwortung einer Frage in einer Klassenarbeit handelt, muss auf die deskriptive Ausrichtung des Forums verwiesen werden, die unter Umständen der Schulgrammatik und den expliziten schulischen Anforderungen gegenüberstehen kann.
Die Beantwortung der Frage kann aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden, der sprachwissenschaftlichen und einer eher didaktischen Perspektive. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei dem Satz „Weil man dort forschen kann.“ um einen syntaktischen Nebensatz, der mit der Konjunktion weil eingeleitet wird und über die für Nebensätze charakteristische Verbletztstellung (das finite Verb kann steht am Ende des Satzes) verfügt. Dieser Satz wird hier, durch die Großschreibung am Anfang und den Punkt als Schlusszeichen am Ende des Satzes, als eigenständige Äußerung markiert. Dies stellt zumindest aus schulgrammatischer Sicht eine Verletzung der Regeln dar. Es könnte an dieser Stelle jedoch argumentiert werden, dass der Antwortsatz „Weil man dort forschen kann.“, der beispielsweise auf eine Frage wie „Wozu werden Labore benötigt?“ folgt, eine elliptische Struktur aufweist. Das bedeutet, dass im Vergleich zu dem ausgebauten Antwortsatz „Labore werden benötigt, weil man dort forschen kann“ diejenigen Elemente ausgelassen werden, die durch den jeweiligen Kontext, in diesem Fall die Fragestellung, bereits deutlich werden. Die Dudengrammatik verweist an dieser Stelle explizit darauf, dass elliptische Äußerungen nicht in dem Sinne unvollständig sind, dass man sie vervollständigen müsste. Ellipsen sind vielmehr ein gängiges Mittel in der Kommunikation, um störende Wiederholungen zu vermeiden. Diese Argumentation wäre jedoch nur angemessen, wenn der kommunikative dem hier geschilderten Kontext entspricht, es sich also um eine Antwort auf eine Frage handelt, in der der Kontext eindeutig beschrieben ist. Auch in diesem Fall könnte aber die im Schriftsprachgebrauch im Allgemeinen und in der Schule im Besonderen bestehende Forderung nach Explizitheit ein Kriterium sein, „vollständige Sätze“ zu fordern und in der Konsequenz daraus den Satz „Weil man dort forschen kann.“ aus schulgrammatischer Perspektive zu bemängeln.
Die Frage kann, wie bereits angedeutet, noch aus einer anderen Perspektive betrachtet werden, in der der Prozess des Spracherwerbs im Vordergrund steht. Diesbezüglich hat eine Studie von Helmuth Feilke (siehe unten) gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler des zweiten Schuljahres insgesamt acht verschiedene Typen des weil-Gebrauchs verwenden, von denen sieben schulgrammatisch nicht vorgesehen sind. So unter anderem folgende Beispiele (vgl. Feilke):
Beispiel
1) "Ich bin auch wie Sie gegen die Hausaufgaben. Wieso? 1. Weil die Zeit für Hausaufgaben besser fürs Spielen vorhanden ist. 2. Weil ich Dienstags gar keine Zeit mehr zum spielen habe. […]"
2) "Ich finde Hausaufgaben schön. Weil ich dann noch mehr lerne."
Im Rahmen der Untersuchung konnte gezeigt werden, dass solche Verknüpfungen ein bestimmtes Stadium im Spracherwerbsprozess kennzeichnen. Denn trotz syntaktischer Normverletzung liegt beispielsweise in 2) satzübergreifend eine reguläre Struktur vor. Daraus ergibt sich die Frage, wie im Unterricht mit solchen Entwicklungsstadien umgegangen wird. Wurde bereits gezielt darauf hingearbeitet, solche Verknüpfungen der Schulgrammatik entsprechend in einem Satz zu integrieren, ist der Schüler im Erwerbsprozess also weiter vorangeschritten, wäre ein Punktabzug wegen grammatischer Fehler denkbar.
Verweis auf die angeführte Studie:
Feilke, Helmuth (2001): Grammatikalisierung und Textualisierung - „Konjunktionen“ im Spracherwerb. In: Feilke, Helmuth; Kappest, Klaus-Peter; Knobloch, Clemens [Hrsg.]: Grammatikalisierung, Spracherwerb und Schriftlichkeit. Tübingen. S. 107-127
„Weil man dort forschen kann.“
Ein Satz beginnt gross (oder manchmal auch klein nach einem Junktor oder nach einem Komma oder Semikolon) und endet mit einem Schlusszeichen. Er kann aus vielen Satzgliedern oder aus einem einzigen Satzglied bestehen. Das sollen die Schüler in der Schule lernen. Dieser Satz hier besteht aus einem Kausaladverbiale.
Wir wissen nicht, in welchem Zusammenhang dieser Satz steht und was grammatisch bemängelt worden ist.
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