Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Hausarbeit,
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Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
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Ihre Frage betrifft den Gebrauch des Partizips II als freies Prädikativ. In der Regel spricht man von freien Prädikativen, wenn eine Gleichsetzung im Satz vorliegt, ohne dass ein Kopulaverb wie z.B. sein, finden gebracht wird (vgl. Der Tee ist kalt, Tee = kalt):
Beispiele mit freien PrädikativenAus dem Satzkontext geht in der Regel das Bezugswort des Prädikativs vor. Da sich das Prädikativ anwaltlich vertreten sowohl auf die Person A als auch die Person B beziehen kann, ist dies in Ihrem Beispiel jedoch nicht der Fall. Während in den obigen Beispielen ein Zimmer nicht lachen kann und eine Person nicht geschlossen sein kann, können in Ihrem Beispiel sowohl die klagende als auch die verklagte Person anwaltlich vertreten sein, sodass drei Lesarten entstehen:
Mein Freund trink Tee kalt. (Tee = kalt)
„Lachend trat sie ins Zimmer.“ (sie = lachend; Beispiel aus Duden Band 4 „Die Grammatik“)
„Ich hielt das Fenster geschlossen.“ (Fenster = geschlossen; Beispiel aus Duden Band 4 „Die Grammatik“)
Ihr BeispielIn der Grammatik gilt einerseits das Prinzip der Nähe (Adjazenz). Das heißt, wir stellen beim Hören oder Lesen Bezüge nach dem Kriterium der Nähe her:
Lesart 1: A verklagt B anwaltlich vertreten vor dem Lg. (A = anwaltlich vertreten)
Lesart 2: A verklagt B anwaltlich vertreten vor dem Lg. (B = anwaltlich vertreten)
Lesart 3: A verklagt B anwaltlich vertreten vor dem Lg. (A und B = anwaltlich vertreten)
Beispiel für AdjazenzFür Ihr Beispiel würde dies bedeuten, dass man tendenziell davon ausgehen könnte, dass B anwaltlich vertreten ist.
Der Sohn der Nachbarn mit dem blauen Auto
(Tendenz beim Lesen und Hören des Satzes geht dahin, dass die Nachbarn und nicht der Sohn das blaue Auto besitzt.)
Aus Welke, Klaus (2011): „Einführung in die Satzanalyse“ geht jedoch hervor, dass bei freien Prädikativen die Tendenz existiert, diese auf das Subjekt zu beziehen. Sätze, die dieser Tendenz nicht entsprechen, würden eine unbeabsichtigte Komik erhalten:
Beispiel von Klaus Welke zum freien PrädikativBei den Beispielen lässt sich erkennen, dass auch Weltwissen eine Rolle spielt: Im ersten Beispiel würde die Mutter, wenn sie selbst zittern würde, wohl keine warme Decke weggeben. Im zweiten Beispiel musste der Mann wohl getragen werden, weil er betrunken war.
„Vor Kälte heftig zitternd, gab mir die Mutter eine warme Decke.“
„Sie trugen ihn betrunken fort.“
Für Ihr Beispiel würde dies bedeuten, dass man tendenziell davon ausgehen könnte, dass A anwaltlich vertreten ist. Wenn man jemanden verklagt, ist es erst einmal noch nicht erheblich, ob derjenige anwaltlich vertreten ist.
Prinzipiell ist es sinnvoll, Missverständnisse durch unklare Bezüge zu vermeiden. Zum Beispiel könnte das Partizip II als Adjektivattribut direkt an die Personen angeschlossen werden, sodass nur eine Lesart naheliegt:
Alternativen für Ihr Beispiel
Alternative für Lesart 1: Der/Die anwaltlich vertretene A verklagt B vor dem Lg.
Alternative für Lesart 2: A verklagt den/die anwaltlich vertretene/-n B vor dem Lg.
Alternative für Lesart 3: Der/Die anwaltlich vertretene A verklagt den/die anwaltlich vertretene/-n B vor dem Lg.
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