In Ihrer Frage stellen Sie zwei Varianten gegenüber:
1. Ich gebe dir ein Apfel.
2. Ich gebe dir einen Apfel.
Wie Sie bereits angedeutet haben, handelt es sich bei der zweiten Variante um die gängige. Warum dies so ist, soll im Folgenden erläutert werden. Zunächst soll das Flexionsparadigma, also eine Übersicht aller Deklinationsformen mitsamt dem unbestimmten Artikel „ein“, aufzeigen, welche Funktionen die einzelnen Formen erfüllen:
Nominativ |
ein Apfel |
Genitiv |
eines Apfels |
Dativ |
einem Apfel |
Akkusativ |
einen Apfel |
Diese Übersicht stellt dar, dass die Form „einen Apfel“ den Akkusativ realisiert. Hingegen zeigt „ein Apfel“ den Nominativ an. Zu Schwierigkeiten kommt es möglicherweise deshalb, weil die Endung -en im unbestimmten Artikel „einen“ im
Mündlichen häufig nicht wahrnehmbar ist, könnte der Eindruck erweckt werden, dass die Formen des unbestimmten Artikels im Nominativ und im Akkusativ übereinstimmen. Ersetzt man den unbestimmten Artikel durch einen bestimmten Artikel, wird deutlich, dass sich die Artikel im Nominativ und Akkusativ unterscheiden:
Nominativ |
der Apfel |
Genitiv |
des Apfels |
Dativ |
dem Apfel |
Akkusativ |
den Apfel |
Der
Akkusativ wird folglich explizit durch den Artikel kenntlich gemacht, indem dieser die Endung -en erhält. Dies gilt sowohl für „einen“ als auch für „den“.
Des Weiteren ist zu klären, welcher Kasus (Fall) durch das Verb „geben“ gefordert wird. Prinzipiell besitzen Verben die Eigenschaft, den Kasus der vom Verb geforderten Ergänzungen festzulegen:
Peter liest ein Buch.
„lesen“ fordert ein Akkusativobjekt
Ich gebe dir ein Buch.
„geben“ fordert ein Dativobjekt (den Empfänger) und ein Akkusativobjekt (das Objekt, welches gegeben wird)
Das elektronische Valenzwörterbuch (E-Valbu) des Instituts für deutsche Sprache führt die von jedem Verb geforderten Ergänzungen an. Für das Verb „geben“ wird folgende Struktur angegeben:
Jemand gibt jemandem etwas
Ich gebe dir einen Apfel.
Jemand ist hier das Subjekt, da es sich laut E-Valbu um einen Nominativ handelt. Das Dativobjekt wird ausgedrückt durch „jemandem“ und „etwas“ ist repräsentativ für das Akkusativobjekt.
Ihr Ausgangsbeispiel lautet „Ich gebe dir einen Apfel“. Hier entspricht „einen Apfel“ dem Akkusativobjekt. Zieht man das Flexionsparadigma zu „ein Apfel“ heran, wird ersichtlich, dass es sich bei „ein Apfel“ um den Nominativ handelt. Dies entspricht nicht den strukturellen Forderungen des Verbs „geben“.
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