Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Duden
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Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Bei Ihrem Zweifelsfall geht es um die Frage, ob das Substantiv Bauer im Dativ Singular stark (dem Bauer) oder schwach flektiert wird (dem Bauern). Beide Arten der Flexion existieren im Deutschen nebeneinander und sind prinzipiell auf das Substantiv Bauer anwendbar. Es gilt nun festzustellen, ob eine der beiden möglichen Varianten der Norm entspricht und die andere nicht, oder ob beide Varianten gleichermaßen „normal“ sind.
Der Dudengrammatik zufolge erhält ein Substantiv im Dativ Singular die Endung –n oder –en, wenn es die folgenden Merkmale aufweist:
- das Substantiv ist ein Maskulinum, also ein männliches Substantiv,
- das Substantiv bildet den Plural mit –n oder –en,
- das Substantiv bezeichnet ein Lebewesen, also eine Person oder ein Tier (z. B. der Prinz, der Bär).
Sofern es bei Ihrer Frage um einen Landwirt geht, treffen alle drei Kriterien auf diesen zu: Das Substantiv Bauer im Sinne von Landwirt ist ein Maskulinum, das den Plural mit –n bildet (die Bauern, der Bauern, den Bauern, die Bauern) und eine Person bezeichnet. Demnach müsste Bauer im Singular folgendermaßen flektiert werden:
Singular Nominativ der Bauer Genitiv des Bauern Dativ dem Bauern Akkusativ den Bauern
Erhält ein Substantiv im Genitiv, Dativ und Akkusativ Singular die Endung –n oder –en, so spricht man von schwacher Flexion. Allerdings gibt es auch Substantive, die im Singular stark flektiert werden, obwohl sie alle drei oben genannten Merkmale besitzen. Ein Beispiel ist das Substantiv Vetter: Auch Vetter ist maskulin, bezeichnet etwas Belebtes und bildet den Plural mit –n, dennoch heißt es im Singular des Vetters, dem Vetter, den Vetter, was der starken Flexion entspricht. Analog dazu kann man auch starke Formen von Bauer bilden:
Singular Nominativ der Bauer Genitiv des Bauers Dativ dem Bauer Akkusativ den Bauer
Aus sprachsystematischer Sicht verbietet sich also zunächst einmal keine der beiden Varianten, was die Frage zu einer Normfrage macht: Wird von der Sprachgemeinschaft womöglich nur eine der beiden Varianten anerkannt? Gilt nur eine der Varianten als (standardsprachlich) korrekt? Näheres dazu erfahren Sie im Abschnitt „Sprachvariation“.
Sprachvariation
Schon die Brüder Grimm haben 1853 in ihrem Wörterbuch festgehalten, dass Bauer im Singular Flexionsschwankungen aufweist, d. h. das Problem ist nicht neu und auch bis heute nicht in dem Sinne gelöst, dass sich eine Variante endgültig gegen die andere durchgesetzt hat. Obwohl die starke Variante dem Bauer seltener ist als die schwache Variante dem Bauern, was sich mit Hilfe von Suchläufen in Textsammlungen belegen lässt, gelten derzeit beide Varianten als standardsprachlich korrekt (vgl. z. B. Dudengrammatik, 8. Aufl., S. 222-224, und Wahrig „Fehlerfreies und gutes Deutsch“, S. 318). Daher sind auch in journalistischen Texten beide Varianten zu finden:
Beispiel
Und es wird noch erheblich mehr sein, was dem Bauern am Jahresende im Geldbeutel fehlen wird. (Nürnberger Nachrichten, Mai 2002)
Die Kommunalversicherung hatte sich nicht in der Pflicht gesehen, dem Bauer den Verdienstausfall zu ersetzen. (Rhein-Zeitung, Januar 2002)
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