Tatsächlich haben Sie
in vielen Fällen freie Wahl. Das hängt damit zusammen, dass hier mit
zu vs.
zum unterschiedliche grammatische Konstruktionen realisiert werden, die einander nicht prinzipiell ausschließen.
In den Beispielsätzen mit
zu hat
zu die Funktion, einen
Infinitiv an das übergeordnete Prädikat anzuschließen. In der Regel wird dadurch ein Zweck ausgedrückt:
Beispiel
(1) Ich gebe dir stilles Wasser zu trinken.
(1a) Ich gebe dir stilles Wasser, damit du es trinken kannst.
In den Sätzen mit
zum dagegen wird
zu als
Präposition gebraucht, die mit dem bestimmten Artikel
dem verschmolzen ist. Da Präpositionen ein Nomen bzw. eine Nominalgruppe an sich binden (= regieren), ist das Verb in diesen Fällen (
zum Trinken, zum Essen, zum Lesen) substantiviert. Solche
Nominalisierungen sind auch mit anderen Präpositionen möglich:
beim Trinken, nach dem Essen. Es handelt sich folglich um eine grammatische Konstruktion, die nichts mit der Infinitivkonstruktion mit
zu zu tun hat. Es ist also gewissermaßen Zufall, dass
zu hier in zwei so ähnlich scheinenden Kontexten verwendet werden kann.
In einigen Fällen sind beide Konstruktionen austauschbar:
Beispiel
(2) Sie waren öfters bei uns im Lokal und haben sich etwas zum Essen oder einen Kaffee geholt.
(2a) Sie waren öfters bei uns im Lokal und haben sich etwas zu essen oder einen Kaffee geholt.
(3) Was soll ich dir zu trinken holen?
(3a) Was soll ich dir zum Trinken holen?
Häufig ist aber nur eine der beiden Konstruktionen möglich. Das hängt mit dem
unterschiedlichen Charakter der Konstruktionen zusammen: Die
Infinitivkonstruktion ist eine
verbale Organisationsform, die
Nominalisierung eine
nominale. Nun gibt es sowohl Kontexte, die verbale Konstruktionen verlangen als auch Kontexte, die nur einen nominalen Anschluss erlauben.
Beispiele für einen obligatorischen verbalen Kontext sind:
Beispiel
(4) Hier geht es darum, keine industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu essen.
(5) Viele Menschen haben nicht genug Geld, um sich einmal richtig satt zu essen.
(6) Autofahren ist weit gefährlicher, als derzeit Gemüse zu essen.
In allen Beispielen sind die vorangestellten Teilsätze so beschaffen, dass sie eine Ergänzung durch einen weiteren Teilsatz und somit eine verbale Organisationsform verlangen.
Umgekehrt ist aber auch nicht jede nominale Konstruktion mit
zum durch eine verbale Konstruktion mit
zu austauschbar:
Beispiel
(7) Vor allem interessierte Besucher und Sportler sind an jenen Abenden zum Essen vorbei gekommen.
(8) Der SV Zuberbach bedankt sich bei Sektionsleiter Klaus Brandstätter für die Einladung zum Essen und gratuliert noch einmal recht herzlich zum 40. Geburtstag.
In Beispiel (7) handelt es sich bei
zum Essen um eine in den Satz integrierte adverbiale Bestimmung. Ein verbaler Anschluss wäre hier nur mit einer durch
um eingeleiteten Infinitivkonstruktion möglich:
Beispiel
(7') Vor allem interessierte Besucher und Sportler sind an jenen Abenden vorbei gekommen, um zu essen.
In Beispiel (8) ist
zum Essen Attribut zu
Einladung. Das Präpositionalattribut ist nicht durch eine Infinitivkonstruktion austauschbar. Darüber hinaus kann
Einladung zum Essen als stark idiomatisierte, also bereits gefestigte Wortverbindung angesehen werden.
Als Fazit bleibt: Es handelt sich in der Tat um eine
sehr knifflige Entscheidung, die in jedem Einzelfall neu getroffen werden muss. Bitte berücksichtigen Sie dabei mögliche
Indizien für eine verbale Organisation, die für den Anschluss einer Infinitivkonstruktion sprechen
oder für eine nominalisierte Verwendung des Verbs.
Lesezeichen