Das Weglassen der Flexionsendung tritt laut Duden-Grammatik – wie es auch Ihre Beispiele illustrieren – besonders im Dativ und Akkusativ Singular auf, wenn weder ein Artikel noch ein Adjektiv beim Substantiv steht und wenn zudem der gemeinte Singular mit dem gleichlautenden Plural verwechselt werden kann, was bei schwach flektierten Maskulina der Fall ist.
Es müssen also mehrere Bedingungen zusammentreffen, damit das Weglassen der Flexionsendung nicht nur standardsprachlich korrekt ist, sondern für das Verständnis geradezu zwingend ist:
- 1. Gefahr der Verwechselung von Singular und Plural bei schwach flektierten Maskulina
- 2. Das Substantiv steht alleine – ohne Artikelwort und Adjektiv
1. Verwechselungsgefahr
Auch in Ihren Beispielen handelt es sich um schwach flektierte Maskulina. Das Thema „starke und schwache Flexion von Substantiven“ wird auf diesen Seiten erklärt:
http://www.grammatikfragen.de/showth...en-Substantive
http://www.grammatikfragen.de/showth...wach+flektiert
Die in diesen Fällen bestehende Verwechselungsgefahr, auf die Sie sich beziehen, resultiert hier also daraus, dass sich der Singular und der Plural teilweise dieselben Wortformen teilen.
|
Singular |
Plural |
Nominativ |
(der) Kollege |
(die) Kollegen |
Akkusativ |
(den) Kollegen |
(die) Kollegen |
Genitiv |
(des) Kollegen |
(der) Kollegen |
Dativ |
(dem) Kollegen |
(den) Kollegen |
2. Das Substantiv steht allein – ohne Artikelwort und Adjektiv
Tritt das betreffende Substantiv – wie in Ihren Beispielen – ohne Artikelwort und Adjektiv auf, wird es laut Duden tendenziell nicht flektiert. Steht es alleine, ist das Substantiv Hauptmerkmalträger. Das bedeutet, dass man an diesem aufgrund einer Flexionsendung die grammatischen Eigenschaften der Nominalgruppe ablesen kann. Grundsätzlich gibt es im Deutschen die Tendenz, dass das am weitesten links stehende Wort der Nominalgruppe Hauptmerkmalträger ist – also meistens das Artikelwort (Beispiel 1).
Beispiel
Beispiel 1: Singular vs. Plural
1a.
den netten Kollegen vs.
die netten Kollegen
1b. ohne
den schönen Namen vs. ohne
die schönen Namen
1c.
den alten Dirigenten vs.
die alten Dirigenten
In allen Beispielen identifiziert die Flexionsendung des Artikelworts Kasus und Numerus. Die Artikelwörter sind jeweils die Hauptmerkmalträger. Fehlt das Artikelwort, kann die Aufgabe des Hauptmerkmalträgers auch vom Adjektiv realisiert werden (Beispiel 2).
Beispiel
Beispiel 2:
ohne
eigenen Namen vs. ohne
eigene Namen
In Beispiel 2 können aufgrund der Flexionsendung des Adjektivs der Kasus (Akkusativ) und der Numerus (Singular oder eben Plural) identifiziert werden. Sind jedoch weder Artikelwort noch Adjektiv vorhanden, bleibt nur das Substantiv, um die grammatischen Informationen durch die Flexionsendung auszudrücken.
In den benannten Fällen ist jedoch gerade die Unterscheidung von Singular und Plural nicht möglich, wenn sich beide grammatischen Kategorien dieselben Wortformen in einem Kasus teilen. Deshalb gelingt das Ausdrücken der grammatischen Information hinsichtlich des Numerus am besten, indem in einem Fall eine Flexionsendung vorhanden ist (Plural), die dann im Singular ‚fehlt‘. Auch das Fehlen der Flexionsendung drückt hier also eine grammatische Information aus.
Trifft also beides (1. schwache Flexion des maskulinen Substantivs und 2. das Fehlen von Artikelwort und Adjektiv) zusammen, ist das ‚Weglassen‘ der Flexionsendung sozusagen obligatorisch. Die Dudengrammatik spricht davon, dass die schwache Kasusendung
gewöhnlich wegfalle.
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