Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
In allen von Ihnen genannten Fällen ist die weibliche Form genauso möglich wie die männliche, z. B.
die Fachhochschule als Treiber/Treiberin, die Fachhochschule als Arbeitgeber/Arbeitgeberin. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die
(Fach-)Hochschule, die in allen Ihren Beispielen das Bezugswort des Prädikatsnomens bzw. der Konjunktionalphrase darstellt,
vom grammatischen Geschlecht (Genus) her ein Femininum ist.
Beispiel
(1) Die Fachhochschule Vorarlberg ist eine Treiberin für innovative Entwicklung.
(2) Die FH als Arbeitgeberin muss ihn von Schadensersatzansprüchen Dritter, die mit der Unterrichtstätigkeit zusammenhängen, nach zwingenden arbeitsrechtlichen Grundsätzen freistellen. (Internetbeleg)
In Beispiel (1) ist
Treiberin als Prädikatsnomen auf
die Fachhochschule bezogen und hinsichtlich des Genus auf sie abgestimmt. Das gleiche gilt für
Arbeitgeberin in Beispiel (2), nur dass
Arbeitgeberin hier nicht Prädikatsnomen, sondern Teil der durch die Konjunktion als eingeleiteten Konjunktionalphrase als Arbeitgeberin ist, die sich wiederum auf die FH bezieht.
Andererseits bezeichnet
Fachhochschule jedoch keine weibliche Person, sondern eine Sache i.w.S., sodass hier auch das so genannte
generische (geschlechtsunspezifische) Maskulinum in Frage kommt:
die FH als Treiber/Arbeitgeber.
Sprachgeschichte
In Ihrer Frage haben Sie zwar angemerkt, dass es Ihnen nicht um „geschlechtergerechte Schreibweise“ geht, doch meinen wir, dass Ihr Zweifel quasi Ergebnis eines aktuellen Sprachwandelprozesses ist, der durch das Bemühen um eine geschlechtergerechte Ausdrucksweise in Gang gesetzt wurde. Dabei dürfte das hier – wie Sie richtig bemerken – eigentlich gar keine Rolle spielen, weil es in Ihren Beispielen ja nicht um Personenbezeichnungen geht.
Dennoch meinen wir, dass es sinnvoll ist, kurz zu rekapitulieren, worum es eigentlich bei dem Bedürfnis nach geschlechtergerechter Ausdrucksweise geht, um den aktuellen Zweifelsfall einordnen zu können.
Zu den Kategorien des Substantivs im Deutschen gehört neben den Kategorien Kasus und Numerus auch die Kategorie Genus. Das grammatische Geschlecht bildet aber nicht notwendigerweise das natürliche Geschlecht ab (vgl. das Pferd, die Kuh, der Hund). Dass Pferd neutrum ist, Kuh feminin und Hund maskulin, ist also nicht mehr und nicht weniger als eine grammatische Eigenschaft des jeweiligen Substantivs. Aus grammatischer Perspektive gibt es also eine klare Unterscheidung zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht, beide haben eigentlich nichts miteinander zu tun. In der Grammatik bezeichnet man die neutrale Verwendung eines grammatischen Geschlechts für mehrere natürliche Geschlechter als generisch: der Mörder, der Nichtsnutz, der Scharlatan (= generisches Maskulinum), die Geisel, die Person, die Waise (= generisches Femininum).
Im Zeitalter von political correctness werden wir aber wiederum Zeugen einer Sprachwandeltendenz, bei der es darum geht, die ursprüngliche Differenzierung zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht aufzugeben. Derzeit wirkt sich das vor allem auf solche Personenbezeichnungen aus, die ein so genanntes generisches Maskulinum (= eine verallgemeinernde maskuline Form eines Wortes) aufweisen: Man empfindet es als politisch nicht korrekt, nur die maskuline Form anzugeben, und möchte deshalb beide natürlichen Geschlechter auch grammatisch abbilden.
Was hat das nun mit Ihrem Zweifelsfall zu tun? Betroffen von dem eben geschilderten Vorgang sind natürlich zunächst Personenbezeichnungen, also solche Substantive, bei denen die Abstimmung von grammatischem und natürlichem Geschlecht aufeinander überhaupt Sinn macht, weil das bezeichnete Substantiv überhaupt ein natürliches Geschlecht hat. Das ist bei Fachhochschule nicht der Fall: Es gibt keinen biologischen Grund dafür, dass dieses Substantiv feminin ist. Es handelt sich also ganz eindeutig um eine rein grammatische Festlegung. Das Wort Treiber dagegen kann sich durchaus auf Personen beziehen, sodass wir hier die Möglichkeiten haben, eine treibende Frau durch die Bezeichnung Treiberin zu kennzeichnen. Da sich Treiber in Ihrem Beispiel ja auf die Fachhochschule und nicht auf eine Person bezieht, besteht weder in Bezug auf das Wort Treiber selbst noch in Bezug auf das Bezugswort Fachhochschule die Notwendigkeit, von Treiberin zu sprechen. Wenn man hier von Treiberin spricht, wendet man im Grunde genommen das ursprünglich auf Personenbezeichnungen beschränkte Bedürfnis nach einer Aufhebung der Trennung von grammatischem und natürlichem Geschlecht auf einen Fall an, in dem es eigentlich gar kein natürliches Geschlecht gibt.
Sprachgebrauch
Bei einer solchen komplexen Thematik ist es schwierig, den Sprachgebrauch zu erheben. Wir verweisen deshalb nur exemplarisch auf
die Kirche als Träger/Trägerin:
Beispiel
(3) Für eine Beerdigung auf dem Friedhof und das Verleihen der Grabrechte sind Kosten entsprechend der Friedhofsgebührensatzung an die Kirche
als Träger des Friedhofs zu bezahlen.
(4) Dies sei Beweis dafür, dass die Kirche
als Trägerin am Erhalt der Schule festhalte, so Oberkirchenrat Schäfer.
Die maskuline Form findet sich im Internet viermal so häufig wie die feminine Form.
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