Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Zeitungslektüre
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Duden
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Zeitungslektüre
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
Duden
Lieber Gast,
ich möchte Sie darum bitten, für Ihre Fragen den konkreten Zweifelsfall zu formulieren, damit das Team Ihr Anliegen angemessen bearbeiten kann. Vielen Dank!
Das besorgt mich sehr/tief.
Der Satz, mehrfach in Tageszeitungen gelesen, kommt mir falsch vor.
"Ich bin besorgt" ist Standard, aber mit Präposition für die Ursache der Besorgnis (wegen/um ).
Geht auch "Das Problem besorgt mich"? Kommt mir ebenfalls falsch vor, müsste aber korrekt sein, wenn "Das besorgt mich sehr" korrekt ist (lediglich unterschjiedliche Subjekte bei gleicher Satzstruktur und in Analogie zu "Das bedrückt mich" und "Das Problem bedrückt mich").
Ich meine, es geht nur "Das bereitet/macht mir Sorgen" bzw. "ich mache mir Sorgen um" oder "ich bin besorgt um", alles andere ist falsche Teilananlogie.
Das Verb "(jemanden oder etwas) besorgen" ist veraltet und bedeutet "sich (um jemanden oder etwas) sorgen". (Duden)
Also:
Ich sorge mich sehr um das Wohlergehen meiner Angestellten. Das bereitet mir grosse Sorgen.
Die Antwort trifft nicht, da es laut Duden in dieser veraltet-gehobenen Form nur reflexiv sich besorgen heißt.
Das heißt, ich besorge mich sehr.
Das besorgt mich sehr. ist damit nicht erklärt und nicht Duden- gemäß. Es ist daher m. E. Neudeutsch und gemäß Duden keine korrekte /Standardsprache.
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sprachsystem
Ihre Frage betrifft die Valenz des Verbs besorgen. Verben beeinflussen, wie viele Mitspieler im Satz erforderlich sind und wie diese formal aussehen (dies nennt man Valenz). So erfordert z.B. das Verb schenken drei Mitspieler:
BeispielIhr Zweifeln bezieht sich folglich darauf, ob das Verb besorgen Pronomen im Nominativ als Subjekt und ein Pronomen im Akkusativ als Akkusativobjekt erfordern kann:
Der Student (Subjekt, Mitspieler 1 im Nominativ)
schenkt
der Professorin (Dativobjekt, Mitspieler 2 im Dativ)
ein Megafon (Akkusativobjekt, Mitspieler 3 im Akkusativ)
Ihr BeispielIm Duden Universalwörterbuch (DUW) werden unter anderem folgende Bedeutungsmöglichkeiten des Verbs besorgen aufgeführt:
Das (Subjekt, Mitspieler 1 im Nominativ)
besorgt
mich (Akkusativobjekt, Mitspieler 2 im Akkusativ)
(sehr/tief)
Bedeutung: etwas beschaffen, kaufen, erledigen …Die Bedeutung sich sorgen wird dabei als „gehoben“ und „veraltend“ bezeichnet, weshalb zu vermuten wäre, dass das Verb in dieser Bedeutung im Gegenwartsdeutschen nicht mehr so gebräuchlich ist. Das Verb besorgen mit der Bedeutung etwas bedrückt jemanden oder auf jemandem lasten findet sich jedoch in der Struktur besorgt sein; dabei handelt es sich um eine sogenannte Kopulastruktur: Ein Substantiv wird hier einer Eigenschaft zugeordnet und das Verb (ist) könnte man wie ein Ist-Gleich-Zeichen („=“) lesen:
Beispiele: Ich besorge Tickets für uns. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.
Bedeutung: sich um etwas kümmern
Beispiel: Trotz ihres hohen Lebensalters besorgte sie ihren Haushalt noch allein. (Beispiel aus DUW)
Bedeutung: sich sorgen
Beispiel: Ich besorgte mich, wie ich ihr mein Beileid aussprechen sollte. (Beispiel aus DUW)
Ich (Subjekt, Mitspieler 1 im Nominativ)In dieser Struktur wird besorgt nicht wie ein Verb, sondern wie ein Adjektiv behandelt (vgl. Ich bin krank).
bin („=“)
besorgt (Subjektsprädikativ, Mitspieler 2)
über deinen Gesundheitszustand (Präpositionalobjekt, Mitspieler 3)
(Beispiel aus Duden Universalwörterbuch, Eintrag zu besorgt sein mit der Bedeutung von Sorge erfüllt)
Wenn lediglich die Bedeutung betrachtet wird, kommt sich sorgen Ihrem Beispiel zwar nahe, jedoch wird dieses Verb reflexiv gebraucht, wie der Gast korrekterweise anmerkt. Dabei beziehen Subjekt (Ich) und Akkusativobjekt (mich) auf eine identische Person: „Ich besorgte mich, wie ich ihr mein Beileid aussprechen sollte“ (Beispiel aus DUW).
In Ihrem Fall liegt kein reflexiver Gebrauch vor: Das bezieht sich nicht wie mich auf die Person hinter dem Ich. Wie Ihnen bereits allerdings korrekt aufgefallen ist, lässt sich eine Analogie zur Satzstruktur des Verbs bedrücken festhalten:
Das (Subjekt, Mitspieler 1 im Nominativ)Aus diesem Grund lässt sich vermuten, dass sich in der Sprache nicht nur eine Analogie in der Bedeutung, sondern auch eine Analogie in der Satzstruktur etabliert hat. besorgt wird nicht nur in der Kopulastruktur wie ein Adjektiv gebraucht, sondern (wieder) wie ein Vollverb.
bedrückt
mich (Akkusativobjekt, Mitspieler 2 im Akkusativ)
(sehr/tief).
Um dies herauszufinden, möchten wir im folgenden Schritt Daten aus dem Sprachgebrauch betrachten.
Sprachgebrauch
In einem ersten Schritt wird untersucht, welche Formen des Verbs besorgen im Sprachgebrauch anzutreffen sind. Die Ergebnisse der Sprachgebrauchsanalyse anhand des historischen Korpus des Deutschen Textarchivs zeigt folgendes Verhältnis:
besorgt: 2433 TrefferDiese Ergebnisse lassen vermuten, dass das Verb besorgen häufiger als Partizip, also als besorgt, auftritt. Wenn man zusätzlich den Verlauf der Trefferanzahl innerhalb der Jahrhunderte betrachtet, stellt sich heraus, dass der Gebrauch von Wortformen wie besorge mit den Jahrhunderten abgenommen hat, während der Gebrauch der Wortform besorgt zugenommen hat. Diese Entwicklung passt zu der bereits oben erfolgten Einschätzung, dass sich der Gebrauch vom Verb mit den entsprechenden Verbformen hin zu einem adjektivisch gebrauchten Partizip verschoben hat.
besorge: 346 Treffer
Anhang 98
Die Ergebnisse der gegenwartsbezogenen Sprachgebrauchsanalyse anhand des deutschen Referenzkorpus (DeReKo) des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim und einer Google-Suche zeigen folgende Verhältnisse. Aufgrund der geringen Trefferzahlen wird zusätzlich auf Google zurückgegriffen:
das besorgt mich: 40 Treffer in DeReKo und 5220 Treffer in GoogleDie Vermutung lässt sich folglich bestätigen, dass die Satzstruktur des Verbs besorgen wie in Ihrem Beispiel Gebrauch findet und in der Bedeutung wie das bedrückt mich im Sinne von auf jemandem lasten verwendet wird, wie folgende Belege nochmal illustrieren:
das besorgt mich sehr: 504 Treffer in Google
das besorgt mich tief: 82 Treffer in Google
das bedrückt mich: 118 Treffer in DeReKo und 5100 Treffer in Google
das bedrückt mich sehr: 3670 Treffer in Google
das bedrückt mich tief: 2 Treffer in Google
„[…] Dieses Verbrechen ist eine Beleidigung des Islam, aber ich bin mir nicht sicher, ob Nichtmuslime das verstehen. Und das besorgt mich. […]“ (Süddeutsche Zeitung, 24.05.2013, S. 3.)An dem Gebrauch von Das besorgt mich (sehr/tief) lässt sich daher nichts beanstanden.
„[…] Annegret Kramp-Karrenbauer bedauert längst, dass sie das Projekt einfach so weiterlaufen ließ, als sie es von Schreier übernahm. „Das bedrückt mich sehr“, sagte sie in ihrer ersten Regierungserklärung. […]“ (Süddeutsche Zeitung, 13.03.2012, S. 6.)
Hinweis zu Googledaten:
Die Sprachgebrauchsdaten werden in der Regel mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die Googlesuche ist vor allem notwendig, wenn in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten nur relativ selten oder gar nicht vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:
1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.
2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
Geändert von Lars Bepler (21.08.2018 um 17:38 Uhr)
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